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Morbus Crohn

Der Morbus Crohn (Synonyme: M. Crohn, Enteritis regionalis Crohn, Ileitis terminalis, Enterocolitis regionalis, sklerosierende chronische Enteritis; engl.: Crohn's disease, regional enteritis) gehört zur Gruppe der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Es handelt sich um eine vermutlich autoaggressive, chronisch-granulomatöse Entzündung, die im gesamten Magen-Darm-Trakt von der Mundhöhle bis zum After auftreten kann. Bevorzugt befallen sind der untere Dünndarm (terminales Ileum ca. 40%) und Grimmdarm, seltener Speiseröhre (Oesophagus) und Mund. Charakterisierend für Morbus Crohn ist der diskontinuierliche, segmentale Befall ("skip lesions") der Darmschleimhaut, d. h. es können gleichzeitig mehrere Darmabschnitte erkrankt sein, die durch gesunde Abschnitte voneinander getrennt sind.

Der Name "Crohn" bezieht sich nicht auf den chronischen Verlauf der Krankheit, sondern auf den Magen- und Darmspezialisten Dr. Burrill Bernard Crohn, der das Krankheitsbild 1932 erstmals beschrieb.

Häufigkeit

Die Inzidenz von M. Crohn (d.h. die jährliche Anzahl von Neuerkrankungen) beträgt etwa 2 bis 4 auf 100.000 Einwohner; die Prävalenz (d.h. der Bestand an Erkrankten) liegt bei etwa 250 bis 500 auf 100.000. Die Zahl der Erkrankungen nimmt in den letzten Jahren zu. Beide Geschlechter sind gleich häufig betroffen, meist erkranken "junge Erwachsene" zwischen dem 16. und 35. Lebensjahr sowie ältere Menschen ab einem Alter von 60. Man beobachtet sowohl eine familiäre Häufung als auch eine ethnische. Weiße erkranken etwa doppelt so oft wie Schwarze. Außerdem hat die Zahl der Neuererkrankungen in den letzten 20 Jahren insgesamt zugenommen.

Entstehung von Morbus Crohn (Ätiologie und Pathogenese)

Die Entstehung von M. Crohn ist nicht eindeutig geklärt. Man versteht die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen heute als krankhaft gesteigerte Immunreaktion gegen die Darmflora in einem genetisch prädisponierten Wirt. In den letzten Jahren konnten mehrere Genmutationen entdeckt werden, die mit dem Auftreten von chronisch-entzündlichen Darmerkankungen in Verbindung stehen. Umweltfaktoren spielen allerdings eine ebenso wichtige Rolle: Ernährungsgewohnheiten (z.B. Süßigkeiten), Zigarettenrauch und orale Kontrazeptiva (Anti-Baby-Pille) scheinen das Erkrankungsrisiko zu erhöhen. Ebenfalls vermutet man, dass Antibiotika die Darmflora schädigen und somit das Risiko einer Erkrankung erhöhen. Einige Infektionskrankheiten (Paratuberkulose, Rotaviren, Mykobakterien, Pseudomonasstämme) werden mit M. Crohn in Verbindung gebracht, jedoch ist es bei einigen der Zusammenhang mit M. Crohn nicht 100%ig bewiesen. Psychosomatische Faktoren werden immer wieder diskutiert. Früher wurde dem psychosozialem Umfeld (Elternbeziehung) und der praemorbiden Persönlichkeitsstruktur (depressiv, zwanghaft) Bedeutung beigemessen. Neuere Studien zeigen allerdings, dass vor Krankheitsausbruch keine signifikanten Unterschiede zur Allgemeinbevölkerung bestehen. Die Krankheitsfolgen nach Ausbruch der Erkrankung können jedoch zu psychischen Problemen und einem dann vorhandenen psychosomatischen Erkrankungsanteil führen.

Symptomatik

M. Crohn beginnt meist beim jungen Erwachsenen mit Müdigkeit, Gewichtsverlust, Schmerzen im rechten Unterbauch und (meist unblutigen) Durchfällen. Ebenfalls können Fieber, Anorexie, Übelkeit und Erbrechen entstehen. Eine Manifestation der Erkrankung ohne Durchfall ist auch möglich. Schubweise auch mit Fieber, einem Anstieg der weißen Blutkörperchen und einer Anämie (Abnahme des roten Blutfarbstoffes).

Komplikationen

  • Mechanischer Ileus: Anfangs häufig durch Einengung des betroffenen Darmsegmentes während des entzündlichen Prozesses bedingt, im späteren Stadium durch fibröse Strukturen. Ein Ileus tritt bei ca. 20% bis 30% der Patienten im Verlauf der Erkrankung auf.
  • Fistel: Fisteln treten im chronischen Verlauf recht häufig auf und können recht verschieden sein: kutan, enteroenteritisch, enterovesikal, enterovaginal, peranal, rektal. Seltener hingegen sind Fisteln in die freie Bauchhöhle hinein, da die Umgebung des Darms meist stark verwachsen ist.
  • Enteropathische Arthritis oder Sakroiliitis
  • Uveitis am Auge
  • Abszess: intra- und retroperitoneale Abszesse kommen vor.
  • intestinale Blutungen
  • toxisches Megakolon: (= durch "Gift" bedingte abnorme Weitstellung des Dickdarms) eher selten bei M. Crohn, dafür häufiger bei Colitis ulcerosa
  • Karzinom: Vor allem für Dünndarmkarzinome besteht ein erhöhtes Risiko.

Diagnostik

  • Abdomensonographie: Typisch ist die segmentale Verdickung der Darmmukosa.
  • Labor: Entzündungsparameter sind erhöht (BSG und CRP), Veränderung der Parameter durch Malabsorption, Anämie, Leukozytose.
  • Röntgenuntersuchung mit Kontrastmittel: Pflastersteinrelief, Fisteln, segmentale Stenosen
  • ''Koloileoskopie: Frühstadium: Schleimhautläsionen, fleckige Rötungen. Während eines aktiven Schubs: Ulzerationen, Pflastersteinrelief, Fissuren, Fisteln. Spätstadium: Stenosen.
  • Biopsie: siehe Pathologie/Morphologie weiter unten

Pathologie/Morphologie

  • Makroskopisch sind folgende Veränderungen charakteristisch:
    • Gartenschlauchphänomen: Durch Fibrosierung verursachte Segmentstenosen
    • Pflastersteinphänomen: Entzündete Schleimhaut wechseln sich mit tiefen Ulzerationen ab, wodurch ein pflastersteinartiges Aussehen entsteht.
    • Entzündlicher Konglomerattumor: Verschiedene Darmabschnitte verkleben miteinander.

  • Histologisch erkennt man vor allem eine Häufung von Lymphozyten, (eosinophilen) Granulozyten und Histiozyten in der Biopsie des entzündeten Darmgewebes.
Angrenzende Lymphknoten sind meist vergrößert. Häufig bilden sich Granulome, die sich in zwei Typen unterscheiden lassen: Epitheloidzellgranulome und Mikrogranulome (kleiner und ohne zentrale Nekrose).

Differentialdiagnostik

  • Appendizitis: meist ein sich rasch entwickelnder Schmerz im rechten Unterbauch. Häufig eine Temperaturdifferenz >1°C zwischen rektaler und axillärer Messung.
  • Divertikulitis: tastbare Resistenzen bei meist linksseitigem Unterbauchschmerz.
  • ''Yersinose: Erregernachweis aus dem Stuhl oder aus dem Biopsiematerial, Anstieg des Antikörpertiters.
  • Darmtuberkulose: Häufig mit Beteiligung der Lunge. "Verkäsende" epitheloidzellige Granulome im Biopsiematerial.

Differentialdiagnostik zu chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen

Morbus Crohn ist manchmal schwer von einer anderen chronisch-entzündlichen Darmerkrankung zu unterscheiden: der Colitis ulcerosa.

Die Hauptunterschiede zwischen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind in einer Tabelle unter chronisch-entzündliche Darmerkrankungen zusammengefasst.

Aktivitätsindex

Um fest zu stellen, ob es sich um einen akuten behandlungsbedürftigen Schub handelt, wird eine Punktzahl nach dem Crohn's Disease Activity Index (CDAI) nach Best errechnet. Bei einem CDAI >150 handelt es sich um einen akuten behandlungsbedürftigen Schub.

Therapie

Ziel der Therapie ist in erster Linie die Linderung der Symptome und die Verringerung der Anzahl akuter Schübe.

  • akuter Schub
    • Diät, eventuell mit parenteraler Ernährung, oder voll resorbierbarer, ballaststoffarmer Flüssignahrung.
    • Glukokortikoide
    • 5-Aminosalicylsäure
    • Metronidazol

  • Langzeittherapie
    • Immunsuppressiva (z.B. Imurek, Remicade)
    • chirurgische Therapie: Führt zu keiner definitiven Heilung, ist aber bei schwereren Fällen unter Umständen unerlässlich, um schwere Komplikationen wie Stenosen, Fisteln, Abszesse oder Perforationen zu vermeiden.

  • Rezidivprophylaxe
    • 5-Aminosalicylsäure

  • Begleitende Therapiemöglichkeiten
    • Psychotherapie: in den meisten Fällen bietet die Psychotherapie eine große Hilfe bei der Stressbewältigung und trägt damit zur Verminderung der psychosomatischen Einflussfaktoren bei. Ebenso sind Entspannungsübungen, z.B. nach Feldenkrais, progressive Muskelentspannung oder Autogenes Training ratsam.
    • Ernährung: Eine Lutz-Diät (nach dem Buch von Dr. Wolfgang Lutz,Leben ohne Brot) oder der "Speziellen Kohlenhydrat-Diät" kann deutliche Verbesserungen bringen.

Prognose

Es handelt sich meist um eine chronische Erkrankung mit hoher Rezidivrate. Komplikationen machen in den meisten Fällen eine operative Therapie erforderlich, die aber auch zu keiner definitiven Heilung führt. Ob sich die Erkrankung auf die Lebenserwartung auswirkt, ist umstritten. Es existieren sowohl Untersuchungen, bei denen keine Signifikanz festgestellt werden konnte, als auch solche die zu dem Schluß kamen, dass die Lebenserwartung durch die Erkrankung geringfügig sinkt. [1] [1] [1] Vorausgesetzt wird hierbei immer eine adäquate Therapie.

Literatur

  • Monika Stoll, Stefan Schreiber: Morbus Crohn: Zweites krankheitsassoziiertes Gen entdeckt. Biologie in unserer Zeit 34(4), S. 208 - 209 (2004), ISSN 0045-205X

Weblinks


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