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Wille

weiteres siehe: Wille (Begriffsklärung)


__TOC__ Der Begriff Wille (vom Althochdeutschen: willio, lat.: voluntas) bezeichnet das Vorhandensein starker Wünsche, Ziele oder Begehrlichkeiten oder bewusster Entscheidungen für oder gegen etwas. Diese werden aber nur dann im engeren Sinn als Wille bezeichnet, wenn sie aus eigenem Antrieb heraus, ohne Einwirkung fremder Einflüsse (z. B. Krankheit, Sucht, gesellschaftliche Zwänge) und auch nicht notwendigerweise (z. B. Instinkt-, Zwangshandlungen) entstehen. Mit dem Begriff des Willens wird demnach die Freiheit des Willens verbunden. Was unter dieser so genannten Willensfreiheit zu verstehen ist und ob sie tatsächlich gegeben ist, ist umstritten, siehe auch freier Wille.
  Zum Willen wird auch das nachhaltige Umsetzen der Ziele und Entschlüsse durch konsequentes Handeln oder mündliche oder schriftliche Willensäußerungen gerechnet. Auch das Unterlassen einer Handlung kann die Verwirklichung eines Willens sein, z. B. das Nichtrauchen.
  Fehlt eine nach außen sichtbare Willensumsetzung, so wird dieses oft mit einem nicht vorhandenen oder zumindest schwachen Willen gleichgesetzt. Zum einen beinhaltet dieses Erklärungsschema, dass der Wille etwas Unbedingtes ist, das heißt man kann nicht etwas wollen, ohne es wirklich zu wollen. Beim so genannten "wirklichen Willen" wird zumindest der Versuch einer Realisierung erwartet; es sei denn, dass dies aufgrund unbeeinflussbarer Umstände (z. B. Gefängnis) nicht, oder zur Zeit nicht möglich ist.
  Zum anderen geht die zwingend erwartete Willensumsetzung von einem grundsätzlich freien Menschen aus, dessen Handlungen in erster Linie durch seinen eigenen Willen bestimmt werden. Denn die Vorstellung eines freien Mensch beinhaltet, dass sich sein Tun nach seinem Willen richtet.

Allgemeine Aspekte der Willensumsetzung

Mit der Willensumsetzung im Zusammenhang steht das Durchhaltevermögen und die Konzentrationsfähigkeit. Verwandt mit dem Willen ist die Fähigkeit, mit auf dem Weg zur Zielerreichung auftretenden Hindernissen angemessen umzugehen, sowie mit dem Phänomen der 'Entmutigung' fertig zu werden. In Zusammenhang mit Zielen, die nicht erreicht werden, kann es zum Erleben von Frustration oder Resignation kommen. Wird das Ziel erreicht, so kann Befriedigung eintreten. Das Maß, in dem eine Person an die Stärke seines Willens glaubt und an die eigene Fähigkeit, Ziele zu erreichen, hat mit dem Selbstbewusstsein zu tun.

Durch die Eigeninitiative unterscheidet sich der Wille vom (bloßen) Wunsch, dessen Erfüllung durch andere Menschen oder durch den Zufall geschieht.

Der Wille hat auch einen kreativen Aspekt. Denn um etwas zu wollen, muss zunächst einmal ein Ziel erschaffen werden. Der Wille entscheidet, was er haben möchte. Ein Mangel der Fähigkeit, zu wissen, was man will, also mit anderen Worten 'nicht zu wissen, was man will', kann als eine Störung oder Beschränkung des Willens angesehen werden.

Ebenso kann die Ausübung des Willens durch Erziehung, durch psychische Verletzungen, durch Indoktrikation, aber auch durch Störungen des Antriebs, der Stimmung oder des allgemeinen Lebenswillens behindert oder gestört sein.

Beim heranwachsenden Kind ist die Entwicklung des Willens eine grundlegender Aspekt. Die früher landläufige Meinung, der erwachende Wille des heranwachsenden Kleinkinds sei zu 'beugen' oder zu 'brechen' wird heute zunehmend als überholt angesehen, da durch die entsprechenden Handlungen den Kindern oft Schaden zugefügt wurde. Wie auch bei anderen Aspekte der kindlichen Psyche, sind hier stattdessen Liebe, Verantwortung und Sachkunde der Eltern und sonstigen Bezugspersonen sowie angemessene Reaktionen die beste Voraussetzung für eine gesunde Entwicklung.

Zur Begriffsbildung in der Rechtswissenschaft

Der Begriff des Willens hat auch in der Rechtswissenschaft große Bedeutung. Im Zivilrecht gründet sich die Willensbestimmung auf die bestimmte Absicht, ein Rechtsgeschäft mit rechtlicher Wirkung vorzunehmen. Da diese fehlt, wenn der Handelnde durch Zwang, Betrug oder Irrtum (errantis non est voluntas) zu dem Geschäft veranlasst ist, so sind alle so entstandenen Geschäfte ebenso ungültig und rechtlich unwirksam, als Äußerungen des Scherzes, alle mit so schweren Bedingungen belasteten Dispositionen, dass daraus der Mangel des Ernstes hervorgeht, alle bloß gelegentlichen Äußerungen, Simulationen etc. wegen Mangels der Willensernstlichkeit keine rechtliche Verpflichtung begründen. Die Willensbestimmung ergibt sich aus der Willenserklärung (voluntatis declaratio), die entweder ausdrücklich, also durch klare, unzweifelhafte, mündlich oder schriftlich ausgedrückte Worte, Kopfschütteln, Kopfnicken etc., oder stillschweigend, d. h. durch solche Worte oder Handlungen kundgegeben ist, woraus sich mit Zuverlässigkeit auf die Willenserklärung schließen lässt, oder vermutet wird, wenn weder aus Worten noch Handlungen, die auf den vorliegenden Fall Beziehung haben, sondern aus anderen wahrscheinlichen Gründen unter Zustimmung der Gesetze auf eine Willenserklärung geschlossen werden kann. Der Bedeutung des rechtlichen Willens ist auf das Prinzip der Privatautonomie zurückzuführen.

Zum Begriff des Willens in der Soziologie

In der Soziologie ist auf die Willenstheorie von Ferdinand Tönnies (1855-1936) zu verweisen, er unterscheidet (in "Gemeinschaft und Gesellschaft") Formen des Wesenwillens, der je zu Gemeinschaften führt, von denen des Kürwillens, der je zu Gesellschaften führt; er prägte den Begriff "Voluntarismus".

Der Wille in der Geschichte der Philosophie

In der Geschichte der Philosophie war das Bemühen um die Klärung der Frage, was unter dem Willen zu verstehen sei, verbunden mit der Frage nach dem Verhältnis vom Intellekt (d.h. im Denken, in der Erkenntnis) und Willen. Einmal wurde die Abhängigkeit des Willens von anderen psychischen Faktoren (in der heterogenetischen Willenslehre), insbesondere vom Intellekt behauptet (z.B. bei Platon, Aristoteles, die Stoiker, Albertus Magnus, Thomas von Aquin, Juan Luis Vives, Rene Descartes, Spinoza, Pierre Gassendi, Leibniz, Thomas Hobbes, John Locke, Charles Bonnet, Lamarck, Immanuel Kant, Hegel u.a.).

Zum anderen galt der Wille als elementare oder ursprüngliche psychische Tatsache (als autogenetische Willenslehre) oder wurde wie im Voluntarismus zum bestimmden Erkenntnisfaktor,

  • zur causa prima allen Seins (bei Johannes Duns Scotus),

  • zum alles bestimmenden Grund (bei Arthur Schopenhauer),

  • zum absoluten Willensakt (bei Jakob Friedrich Reiff)

  • zur Weltsubstanz (bei Julius Bahnsen),

  • zur eigentlichen Triebfeder in Natur und Gesellschaft (bei Friedrich Nietzsche),

  • zur Begierde der Totalität, sich selbst zu verstehen (bei Alexandre Kojève).

Bei Schopenhauer und Nietzsche wird die Willenslehre Bestandteil des Irrationalismus und leitet bei Nietzsche in die Konstruktion des "Übermenschen" über.

Literatur

  • Augustinus, Aurelius: Der freie Wille, übersetzt von Carl Johann Perl, vierte Auflage, unveränderter Nachdruck, Paderborn 1986

Zitat

  • Baruch Spinoza: "Voluntas atque intellectus unum et idem sunt" (Wille und Verstand sind ein und dasselbe)

Siehe auch

  • letzter Wille, freier Wille,
  • Willensbildung, Kürwille, Wesenwille,
  • Wunsch.
  • Wille (Psychologie)