Rot/Grün-Blindheit
Die Begriffe Rot-Grün-Sehschwäche und Rot-Grün-Blindheit sind die wissenschaftlichen Fachtermini für über 99% der Farbfehlsichtigkeiten, die umgangssprachlich als Farbenblindheit bezeichnet werden. Die Betroffenen können hierbei die Farben Rot und Grün schlechter als normalsichtige unterscheiden. Hervorgerufen wird diese Behinderung durch Veränderungen der Aminosäuresequenz in den Sehpigment-Proteinen (Opsin) der entsprechenden Zapfen der Netzhaut, die aus der Veränderung der Gensequenz des entsprechenden Opsins resultiert. Es existieren bei jedem Menschen jeweils ein Gen für das Rotrezeptor-Opsin und drei identische Gene für das grünempfindliche Opsin. Alle liegen nah beieinander auf dem X-Chromosom. Durch Fehler beim Crossing-over kommt es vor allem zu falschen Genkombinationen, die sich phänotypisch durch verschobene Absorptions-Empfindlichkeitsmaxima in den entsprechenden Zapfen-Typen äußern, meist bei den Grün-rezeptoren, da sich diese direkt an einer Crossing over-Stelle des X-Chromosoms befinden. Fehlt das Gen für eines dieser Opsine komplett, spricht man von einer Rot- oder Grünblindheit (Protanopie/Deutanopie). Die Rot/Grün-Sehschwäche oder -Blindheit ist immer angeboren und verstärkt oder vermindert sich nicht im Laufe der Zeit. Von ihr sind ca. 9 % aller Männer und ca. 0,8% der Frauen betroffen, sie ist damit deutlich häufiger als eine Gelb/Blau-Sehschwäche oder die vollständige Farbenblindheit, von der bisher weltweit nur drei Fälle beschrieben sind (bekanntestes Beispiel ist Albert Uderzo). Protanopie ist der Fachausdruck für Rot-Blindheit (Rot-Zapfen fehlt), Protanomalie für Rotsehschwäche (Rot-Zapfen degeneriert), Deutanopie für Grün-Blindheit (Grün-Zapfen fehlt), Deutanomalie für Grünschwäche, die häufigste Art der umgangssprachlich genannten Farbenblindheit. Weitergabe der Rot/Grün-Sehschwäche oder BlindheitWie bereits erwähnt wird die Sehschwäche durch die Erbinformationen weitergeben. Dass sie bei Männern fast zwanzig mal so häufig auftritt wie bei Frauen, ist dadurch zu erklären, dass die Fähigkeit zum Unterscheiden dieser Farben durch das 23. Chromosom (X-Chromosom genannt) weitergeben wird und dass es sich bei dem Defekt um ein rezessives Merkmal handelt. Chromosomen liegen jeweils paarweise vor, und wenn ein Merkmal auf beiden Chromosomen unterschiedlich ausgeprägt sind, so wird das dominate Merkmal das rezessive Merkmal überdecken, letzteres tritt also nicht in Erscheinung. Nun entscheidet das 23. Chomosom beim Menschen aber auch über das Geschlecht. Die Frau besitzt zwei X-Chromosomen, der Mann dagegen nur ein X-Chromosom, das zweite wird wegen seiner Form Y-Chromosom genannt. Hat also eine Frau ein X-Chromosom, das die Erbinformation, die das Unterscheiden der Farben ermöglicht, nicht enthält, so wird ihr durch das zweite X-Chromosom diese Fähigkeit trotzdem ermöglicht, da es wie gesagt den Defekt überdeckt. Damit eine Frau unter der Rot/Grün-Farbschwäche leidet, müssen beide X-Chromosomen den Defekt aufweisen. Beim Mann ist jedoch kein zweites X-Chromosom vorhanden, das den Defekt überdecken könnte. Durch die Verbindung mit dem, das Geschlecht bestimmende X- bzw. Y-Chromosom ergibt sich eine fast einzigartige Möglichkeit, die Weitergabe des Defekts bzw. die Weitergabe von Merkmalen von Eltern an ihre Kinder im allgemeinen sichtbar zu machen. Vater und Mutter geben jeweils eines von beiden Chromosomenpaaren an ihr Kind weiter. Da das 23. Chromosom über das Geschlecht entscheidet, entscheidet quasi der Vater über das Geschlecht des Kindes. Gibt er sein Y-Chromosom weiter, wird das Kind ein Mann, da er ja von der Mutter ein X-Chromosom bekommt. Gibt der Vater das X-Chromosom weiter, erhält das Kind zwei X-Chromosomen und wird damit eine Frau. Dadurch ergeben sich folgende Regeln, die immer eintreten (von Mutationen einmal abgesehen, die aber sehr unwahrscheinlich sind):
Rot/Grün-Sehschwäche im AlltagDie Sehschwäche wird von den Betroffenen im Allgemeinen als nicht besonders hinderlich angesehen. Zahllose Experimente - mit musterinduzierten Flimmerfarben zum Beispiel - sprechen ferner dafür, dass Farbfehlsichtige - von der geringeren Farbunterscheidungsfähigkeit in den Bereichen ihrer Störung abgesehen - wohl den gleichen ästhetischen Eindruck von Farben (Farbenkreis, Farbästhetik) entwickeln, wie normalsichtige Personen (vergl. hierzu auch Tetrachromaten). Allerdings dürfen einige Berufe wie Berufskraftfahrer und Pilot oder Polizist nicht ausgeübt werden, und die Angewohnheit der Spielehersteller, immer die Farben rot/grün für Spielsteine zu verwenden, macht die Unterscheidung für Betroffene schwerer. Auch bei Publikationen, insbesondere im gegenüber den Printmedien bunteren Web (siehe auch barrierefreies Internet), wird diese Hürde oft nicht bedacht. Da im Alltag auch viele Mischfarben existieren, treten oft auch bei der Unterscheidung von Farben, die auf den ersten Blick kein rot oder grün enthalten, Probleme auf. So zum Beispiel bei Blautönen, denen grün oder rot beigemischt ist. Allerdings kann es auch zu Problemen beim Führen eines KFZ in der Nacht kommen. Dies liegt daran das sich in der Nacht die roten Ampeln für Personen mit einer starken Rotschwäche nur auf kurze Distanzen problemlos identifizieren lassen. Die Ausprägung einer Rot-Grün-Sehschwäche kann mit Farbtafeln und genauer mit einem Anomaloskop festgestellt werden. Weblinks
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