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Glaukom

Das Glaukom, deutsch Grüner Star, ist die Bezeichnung für eine Gruppe verschiedener Krankheiten, die zu Gesichtsfeldausfällen infolge einer charakteristischen Schädigung des Sehnerven führen. Oft liegt ein krankhaft erhöhter Augeninnendruck zugrunde.

Die Bezeichnung "Grüner Star" beschreibt die infolge von Pigmentverlust durch einen nicht rechtzeitig behandelten Glaukomanfall (s.u.) grünlich erscheinende Regenbogenhaut. Diese historische Bezeichnung trifft also streng genommen nur auf einen "verschleppten" Glaukomanfall zu.

Im Gegensatz zum grauen Star droht durch den unbehandelten grünen Star eine dauerhafte Erblindung. Das Glaukom ist einer der häufigsten Erblindungsursachen, sowohl in Industrienationen als auch in Entwicklungsländern.

Epidemiologie und Vorsorge

Über alle Altersstufen gemittelt sind etwa 2% der deutschen Bevölkerung betroffen, der Anteil steigt mit dem Lebensalter. Zur Vorsorge wird eine Augendruckmessung und Untersuchung der Sehnerven etwa ab dem 40. Lebensjahr (z.B. bei der Verordnung der ersten Lesebrille) empfohlen, um die Erkrankung im Frühstadium zu erkennen und durch rechtzeitige Behandlung ein Fortschreiten und letztendlich die Erblindung zu verhindern. Bestimmte seltene Formen des Glaukomes können sich bereits mit der Geburt oder in jungen Jahren manifestieren.

Entstehung

Die Schädigung des Sehnerven bei Glaukom, sichtbar an einer charakteristischen Aushöhlung des Sehnervenkopfes, betrifft zuerst die Nervenfasern der mittleren Netzhautperipherie und schreitet langsam zum Zentrum hin fort. Sind etwa 70% der Nervenfasern betroffen, bildet sich bogenförmige Gesichtsfeldeinschänkungen im mittleren Blickfeld aus (Bjerrum-Skotom), die im fortgeschrittenen Stadium oft als "Schatten vor den Augen" beschrieben werden.

Das Glaukom wird heute als Folge eines Missverhältnis von erhöhtem Augeninnendruck und Durchblutung des Sehnerven verstanden: Bei guter Druchblutung wird ein hoher Druck toleriert, bei sehr schlechter Durchblutung kann auch ein verhältnismäßig niedriger Augeninnendruck zum Fortscheiten eines Glaukomes beitragen.

Eine Schädigung des Sehnerven setzt daher bei chronischer Überschreitung einer kritischen Augeninnendruckschwelle ein. Dieser kritische Druck ist individuell unterschiedlich hoch und muss im Krankheitsverlauf durch engmaschige Kontrollen möglichst früh als Basis für eine ausreichende Behandlung (s.u.) erkannt werden.

Der normale Augeninnendruck beträgt beim jungen gesunden Menschen etwa 10, bei älteren gesunden Menschen etwa 20 mm Hg. Erhöhte Augeninnendruckwerte müssen nicht zu einem Glaukom führen. Gleichwohl kann auch bei "normalem" Augeninnendruck ein Glaukomschaden entstehen.

Störungen des Kammerwasserstoffwechsels können den Augeninnendruck vorübergehend oder dauerhaft erhöhen: im Ziliarkörper des Auges wird das Kammerwasser (Humor aquosus) produziert und an die hintere Augenkammer des Auges abgegeben. Es gelangt durch die Pupille in die vordere Augenkammer und fließt durch Trabekelwerk und Schlemm'schen Kanal ab.

Untersuchungsmethoden

Zur Diagnosestellung eines Glaukoms sind folgende Untersuchungen erforderlich:
  • Beurteilung des Sehnervenkopfes am Augenhintergrund mittels der direkten oder indirekten Ophthalmoskopie: Beurteilt wird die Größe und Form der Papillenexcavation (Aushöhlung des Sehnervenkopfes)
  • Gesichtsfelduntersuchung (Perimetrie): Gesucht wird nach charakteristischen, bogenförmigen Skotomen.
  • Augeninnendruckmessung: Der Augendruck wird am besten mit einem Applanationstonometrie nach Goldmann bestimmt: Es wird die Kraft, die für eine definierte mechanische Applattung der medikamentösen betäubten Hornhaut erforderlich ist, gemessen. Alternativ kann eine berührungslose Messung mittels Pneumotonometrie auch von nichtärztlichem Personal durchgeführt werden.
  • Neuere Untersuchungsgeräte (HRT II, RTA, GDx, OCT) erfassen reproduzierbar den Grad der Schädigung und sind somit für die Frühstadien und für Verlaufskontrollen eine diagnostische Hilfe. Der Wert dieser Untersuchungen für die Behandlung wird z. Zt. noch diskutiert. Eine Finanzierung von den gesetzlichen Krankenkassen ist zur Zeit noch nicht möglich.

Die sichere Diagnose eines Glaukoms ist nur nach Durchführung der ersten drei Untersuchungen zu stellen. Die alleinige Messung des Augeninnendrucks genügt weder für Diagnosestellung oder -ausschluß, noch zur Verlaufsbeurteilung.

Ursachen

  • Erhöhter Augendruck
  • Hohes Lebensalter
  • Hohe Kurzsichtigkeit erhöht das Risiko eines Offenwinkelglaukomes. Eine bislang unbestätigte japanische Assoziationsstudie hat ein erhöhtes Risiko durch Bildschirmarbeit, speziell bei Kurzsichtigen aufgezeigt.
  • Hohe Weitsichtigkeit erhöht das Risiko für einen Glaukomanfall oder für ein Offenwinkelglaukom
  • Eine dünne Hornhaut erhöht das Risiko eines Offenwinkelglaukomes.
  • Niedrige und schwankende Blutdruckwerte erhöhen das Risiko für ein Normaldruckglaukom.
  • Genetische Veranlagung: von einem Glaukom betroffene Vorfahren erhöhen das Risiko, selber zu erkranken.
  • Ethnische Gruppe: farbige Menschen haben ein bis zu fünf mal höheres Risiko als "weisse" indo-europäischen Ursprungs.

Arten des Glaukoms

Primärglaukome

Als Primärglaukome werden solche Glaukome bezeichnet, bei denen keine andere Augenerkrankung Ursache für die Schädigung ist.

Offenwinkelglaukom

synonym: Glaucoma chronicum simplex

Erscheinungsbild: Es ist die häufigste Form des Glaukoms. Üblicherweise tritt sie nach dem 30. Lebensjahr auf, kann jedoch auch schon früher beginnen. Familiäre Häufung ist möglich.

Beim Normaldruckglaukom (fälschlicherweise auch als Niedrigdruckglaukom bezeichnet) tritt eine fortschreitende Sehnervschädigung trotz überwiegend normaler Augeninnendruckwerte auf. Durch verschiedene Faktoren wird die lokale Durchblutung am Sehnervenkopf eingeschränkt, wodurch die Sehnervenfasern ebenfalls geschädigt werden. Durch eine dünne Hornhaut kann der Augeninnendruck in der Applanationstonometrie um bis zu 3 mm Hg unterschätzt werden, was möglicherweise in einigen Fällen zu einer nicht gerechtfertigten Einstufung als Normaldruckglaukom geführt hat. Zusätzlich wird diskutiert, dass eine dünne Hornhaut ein unabhängiger Risikofaktor für ein Glaukom darstellt.

Angeborenes Glaukom

synonym: juveniles Glaukom, kongenitales Glaukom

Durch Entwicklungsstörungen des Kammerwinkels während der Embryonalzeit kommt es zu einer Abflußstörung des Kammerwassers. Dies kann in Kombination mit anderen Fehlbildungen des Körpers auftreten. Der erhöhte Augeninnendruck kann zu einer ein- oder beidseitigen Vergrößerung des Augapfels (Buphthalmus, Hydrophthalmus) führen. Bei Verdacht auf ein angeborenes Glaukom muss frühzeitig eine Untersuchung, Augendruckmessung und ggf. Operation in Narkose durchgeführt werden, um eine dauerhafte Sehverschlechterung zu verhindern.

Winkelblockglaukom

synonym: Glaukomanfall, Glaucoma acutum

Erscheinungsbild: Der akute Glaukomanfall beruht auf einer plötzlichen Verlegung des Kammerwasserabflusses durch eine Einklemmung der Regenbogenhaut in den Kammerwinkel. Durch einen plötzlichen Druckerhöhung auf über 60 mm Hg entstehen stärkste Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Zusätzlich tritt ein plötzlicher Sehverlust des betroffenen Auges ein. Meistens ist nur ein Auge betroffen. Der Anfall kann nach wenigen Stunden spontan abklingen und in Abständen wiederkehren, bevor ein typischer, vollständiger Glaukomanfall auftritt. Menschen mit höherer Weitsichtigkeit und fortgeschrittenem grauen Star neigen eher zum Engwinkelglaukom.

Sekundärglaukome

Werden Glaukome durch andere Erkrankungen des Auges verursacht, spricht man von Sekundärglaukomen. Dies ist der Fall bei Verletzungen oder Entzündungen des Auges (Uveitis), intraokularen Tumoren, bei Gefäßneubildungen (Neovaskularisationen) im Kammerwinkel z.B. infolge eines Diabetes mellitus oder bei entsprechend veranlagten Menschen die Anwendung von bestimmten Medikamenten (z.B. Kortison bei Steroid-Respondern).

Therapie

Werden glaukomtypische Schäden am Sehnerven festgestellt, muss eine dauerhafte Augendrucksenkung erfolgen. Eine Schädigung des Sehnerven setzt i.d.R. bei chronischer Überschreitung eines kritischen Augeninnendruckes ein. Dieser kritische Druck ist individuell unterschiedlich hoch und muss im Krankheitsverlauf durch engmaschige Kontrollen erst individuell gefunden und durch eine angemessene Behandlung dann möglichst dauerhaft unterschritten werden (zumeist etwa 15 mm Hg). Therapieziel ist also das Verhindern eines Fortschreitens der Erkrankung, aufgetretene Schäden (z.B. Gesichtsfelddefekte) sind nicht wieder rückgängig zu machen. Werden Augentropfen zur Augendrucksenkung nicht mehr vertragen oder führen diese keine ausreichende Augendrucksenkung herbei, stehen verschiedene augendrucksenkende Operationsverfahren zur Verfügung. Ferner ist in bestimmten Fällen eine internistische Mitbehandlung angezeigt, um z.B. nächtliche Blutdruckabfälle zu erkennen.

Medikamentöse Therapie

Zur medikamentösen Therpie des Glaukoms stehen verschiedene Substanzen zur Verfügung, die überwiegend als Augentopfen verabreicht werden:

  • Beta-Blocker (beispielsweise Timolol)
  • Cholinergika (Carbachol, Pilocarpin)
  • Alpha-Sympathikomimetika (Alphagan, Clonidin, Iopidine)
  • Carboanhydrasehemmer lokal in Augentropfen (Azopt, Trusopt) und systemisch als Tabletten (z.B. Acetazolamid)
  • Prostaglandine lokal in Augentropfen (Xalatan, Travatan, Lumigan)

Die Prostaglandine erhöhen die Durchlässigkeit des Ciliarkörpers und der so genannte nicht konventionelle Abfluss wird gesteigert.

Die oben genannten Medikamente können auch kombiniert werden. Zur einfacheren Applikation sind auch Kombinationspräparate (z.B. Timpilo, Cosopt, Xalacom) verfügbar. In jedem Fall handelt es sich um eine zumeist lebenslange Therapie.

Bei Sekundärglaukomen kann zusätzlich die Therapie der Grunderkrankung erforderlich sein.

Operative Therapie

Folgende Verfahren stehen zur Vefügung:

  • Goniotrepanation und Trabekulektomie: Schaffung einer Abflußfistel aus der Augenvorderkammer unter die Bindehaut
  • Zyklokoagulation: Verödung des Ziliarkörpers durch Laser- oder Kältesonde
  • Trabekulotomie und Goniotomie: Eröffnung des Trabekelmaschenwerkes und verbinden des Schlemm-Kanals mit der Vorderkammer
  • Iridektomie, Laser-Iridotomie: Eröffnung der Iris bei einer Engwinkelsituation
  • Visko-Kanalostomie: Verbesserung der Kammerwasserabflusses (bei bestimmten Risikopatienten)
  • Argonlasertrabekuloplastik: Verbesserung des Abflusses durch Laseranwendung am Kammerwinkel

Zusätzlich kann der Augeninnendruck nach Durchführung einer Kataraktoperation sinken.

Literatur

J. Flammer: Glaukom. Ein Handbuch für Betroffene. Eine Einführung für Interessierte. Ein Nachschlagewerk für Eilige. Hans Huber Verlag

Weblinks


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