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Diabetes mellitus

Diabetes mellitus (DM) ist die Bezeichnung für eine Gruppe von Stoffwechselkrankheiten und bedeutet honigartiger Durchfluss. Der lateinische Name beschreibt die Hauptsymptome der Erkrankung: verstärkter Harndrang und vermehrte Ausscheidung von Zucker im Urin.

Der Verdauungsapparat verarbeitet die Kohlenhydrate der Nahrung (die z. B. in Zucker, Brot und anderen Getreideprodukten enthalten sind) in Glucose, die über die Blutbahn im Körper verteilt wird. Die Bauchspeicheldrüse erzeugt in den Langerhansschen Inseln Insulin. Das Hormon Insulin dockt an Körperzellen an und bewirkt Öffnungen der Zellwände, durch welche die Glucose in die Zelle zur Energiegewinnung gelangt.

Dieser Prozess kann auf zwei verschiedene Arten gestört sein und erzeugt folgende Diabetestypen

  • ;Diabetes Typ 1: das körpereigene Immunsystem zerstört selbst die insulinproduzierenden Betazellen und die Bauchspeicheldrüse kann somit kein Insulin mehr liefern.

  • ;Diabetes Typ 2: der Körper produziert genug Insulin, aber die Zellen des Muskel- und Fettgewebes können das Hormon nicht mehr richtig aufnehmen.

Früher hatte der Diabetes Typ 2 den Beinamen Altersdiabetes, weil er in der Regel erst nach dem 30. Lebensjahr auftritt. Allerdings wird Diabetes Typ 2 bei immer jüngeren Menschen diagnostiziert, sogar bei Jugendlichen. Deswegen ist der Begriff Altersdiabetes nicht mehr angebracht. Siehe Altersdiabetes bei Kindern. Eine Hauptursache dafür ist Fettleibigkeit.

Das Grundproblem beim Diabetes Mellitus ist folgendes: Glucose muss innerhalb von etwa 5 bis 6 Stunden aus dem Blutkreislauf gelangen. Ansonsten verklebt die Glucose an den Blutkörperchen und schädigt damit den Körper. Einerseits "kratzen" mit Glucose verklebte rote Blutkörperchen den Körper. Andererseits werden die für das Immunsystem zuständigen weißen Blutkörperchen an ihrer Arbeit gehindert, was das Immunsystem schwächt.

Über eine Blutprobe wird eine Art "Verschmutzungsgrad" des Blutes gemessen werden, der HbA1C. Dieser gibt in Prozent den Anteil der verklebten Glucose im Blut an. Ein gesunder Mensch hat einen HbA1C von etwa 4 bis 6 %, ab etwa 6, 5 % spricht man von Diabetes.

Geschichte des Diabetes mellitus

Zuerst wurden bei kranken Menschen süßliche Urinausscheidungen entdeckt. Daher stammt der Name Diabetes Mellitus. Als scheinbar logische Konsequenz durften die Patienten nichts "Süßes" oder Zuckerhaltiges mehr essen. Daher auch die Bezeichnung "Zuckerkrankheit". Allerdings ist Zucker nur eine von mehreren Formen der Kohlehydrate. Diese sind auch in vielen anderen Grundnahrungsmitteln enthalten, etwa Nudeln, Brot oder Kartoffeln. Deswegen ist der Beiname "Zuckerkrankheit" falsch und sollte nicht mehr verwendet werden.

Die physiologische Ursache von Diabetes mellitus blieb bis in das 20. Jahrhundert hinein ungeklärt. Erst 1921 gelang es Frederick Grant Banting und Charles Herbert Best, das Insulin zu isolieren. 1922 war eine wirkungsvolle Therapie gegen die Krankheit entwickelt.

Überraschend schnell erhielt Banting 1923 den Nobelpreis für Medizin. Das Preisgeld teilte er mit seinem Assistenten Best, der als Biochemiker dem Nobelpreiskommitee als nicht preiswürdig erschien.

Banting, Best und James Bertram Collip erwarben ein Patent auf ein Verfahren zur Extraktion von Insulin aus Bauchspeicheldrüsen von Rindern. Sie verkauften das Patent für einen symbolischen Dollar an die Universität von Toronto mit der Auflage, die Produktion von Insulin zu standardisieren und die Produktion auch wirklich umzusetzen. Damit verzichteten sie auf entsprechende patentrechtliche Einnahmen und ermöglichten somit eine rasche Verbreitung der Insulintherapie in aller Welt.

Im Laufe der Jahre wurden die Insuline immer weiterentwickelt und deren Wirkzeit immer weiter verkürzt. Moderne "Humaninsuline" wirken innerhalb von zwei Stunden. In Erprobung sind "Insulinanaloga", synthetische insulinähnliche Stoffe, die schon innerhalb einer Stunde wirken.

Im Januar 2005 transplantierte Shinichi Matsumoto vom Kyoto University Hospital erstmals erfolgreich Inselzellen eines Lebendspenders, sodass die Empfängerin keine Insulingaben mehr benötigt.

Verbreitung

Von den geschätzten 180 Millionen Diabetikerinnen und Diabetikern weltweit (5,1 % der erwachsenen Weltbevölkerung) sind nur etwa 10 % von der Typ-1-Zuckerkrankheit betroffen. Die Altersdiabetes hingegen ist mit 90 % zur Massenerkrankung geworden, und zwar vorwiegend in den industrialisierten Ländern. Hauptursachen sind Übergewicht und Bewegungsmangel. Etwa ein Drittel der Diabetiker könnte auf Medikamente verzichten, wenn sie ihr Körpergewicht reduzieren und sich mehr bewegen würden. Dadurch gewinnen die Körperzellen ihre Insulin-Aufnahmefähigkeit zurück, sodass das körpereigene Insulin ausreicht.

Laut Zahlen der "Internationalen Diabetes Federation", werden im Jahre 2025 weltweit 333 Millionen Diabetiker erwartet. Der neue Diabetes-Atlas weist eine Zahl von 314 Millionen Menschen aus, die ein Risiko haben an Diabestes mellitus zu erkranken. Die meisten Menschen mit Diabetes mellitus sind imAalter zwischen 40 und 59 Jahren, wobei 10 % mehr Frauen als Männer Diabetes mellitus und 20 % mehr Frauen als Männer eine gestörte Glucosetoleranz haben.

In Deutschland leiden 6,3 Millionen Menschen an Diabetes. Experten schätzen, dass ihre Zahl im Jahre 2010 auf zehn Millionen angestiegen sein wird. Für die Behandlung müssten dann jährlich 40 Milliarden Euro aufgewendet werden. Besorgniserregend ist der dramatische Anstieg zuckerkranker übergewichtiger Kinder.

Die USA weisen ein ähnliches Verhältnis von Typ-1-Diabetes (ca. 10 %) und Typ-2-Diabetes (ca. 90 %) auf. Die höchste Erkrankungsrate hat der Inselstaat Nauru, wo etwa 30 % der Bevölkerung an Diabetes mellitus und zugleich an Adipositas leidet.

Symptome

Viele Typ-2-Diabetiker haben über Jahre überhaupt keine Symptome.

Typische Symptome bei überhöhten Blutzuckerwerten (Überzuckerung, Hyperglykämie) sind:

  • Durst
  • häufiges Wasserlassen (Harndrang)
  • Müdigkeit
  • Antriebsarmut
  • Kraftlosigkeit
  • Sehstörungen
  • Juckreiz
  • Entzündungen der Haut
  • schlecht heilende Wunden
  • Infektionen an den Geschlechtsorganen
  • Harnwegsinfekte
  • Gewichtsverlust
  • Fußprobleme

Eine Hyperglykämie in Verbindung mit absolutem Insulinmangel führt zum diabetischen Koma, auch hyperglykämisches Koma.

Typische Symptome bei niedrigen Blutzuckerwerten (Unterzuckerung, Hypoglykämie) sind:

  • Kribbeln
  • pelziger Mund
  • Blässe
  • Schweißausbrüche (kalter Schweiß)
  • weiche Knie
  • Nervosität
  • Zittrigkeit
  • Heißhunger

Bei schwerem Unterzucker:

  • Sehstörungen
  • Konzentrationsstörungen
  • Sprachstörungen
  • Schwindelzustand
  • Krämpfe
  • zunehmende Trübung des Bewusstseins, bis hin zur Hypoglykämie mit Bewusstlosigkeit
  • irreversible (bleibende) Hirnschäden bis zum apallischen Syndrom oder sogar Tod

Ein besonderes Erscheinungsmerkmal des fortgeschrittenen Diabetes mellitus ist das „honigsüße Hindurchfließen”. Damit ist der glucosehaltige Urin, der über 180 mg/dl liegt, bei Diabetikern gemeint. Bei diesen Werten kommt die Niere mit ihrer Filterleistung nicht mehr nach und Glucose tritt in den Urin über. Meist leiden Diabetiker dann darunter, häufig auf Toilette gehen zu müssen, da die Niere versucht, überflüssigen Zucker über den Urin abzulassen. Weil sie so häufig auf Toilette gehen müssen, haben sie auch einen vermehrten Durst und müssen viel trinken.

An Diabetes Erkrankte haben erhöhte Risiken einiger Erkrankungen. Typische Spätschäden können sein:

Diabetischer Fuß: Bei dieser Erkrankung werden kleine Hautgefäße an Druckstellen, sowie Zehen oder Ferse geschädigt. Dies kann dazu führen, dass durch schlechte Durchblutung Gewebe zerstört wird. Dazu besteht das Risiko der Bildung von sehr tiefen lochförmigen Hautgeschwüren. Durch die schlechte Durchblutung kommt es bei den meisten Diabetes Patienten auch zu einer Polyneuropathie und dadurch zu verminderter Schmerzwahrnehmung. Dies ist die Ursache, dass kleinere Verletzungen nicht, oder erst zu spät bemerkt werden und in Folge zum Bild des diabetischen Fuß führen können. Um den diabetischen Fuß vorzubeugen, sollte man Füße sauber und trocken halten, sie entlasten und täglich auf schlecht durchblutete, bläuliche Stellen und Verletzungen prüfen. Außerdem sollte man stets bequeme Strümpfe und bequeme Schuhe tragen.

Diabetische Fettleber: Durch die Beeinträchtigung des Fettstoffwechsels kommt es zu einem verstärkten Abbau der köpereigenen Fettbestände (einer verstärkten Lipolyse) und Neubildung der Triglyceriden (Verbindung eines Alkohols mit Fettsäuren, 95 % des menschlichen Körperfetts besteht daraus) in den Leberzellen. Dies führt zu einer Verfettung der Leber.

Makroangiopathie: Bei der Makroangiopathie handelt es sich um eine Erkrankung der großen sauerstoffhaltigen Blutgefäße. Diese Krankheit kann Durchblutungsstörungen im Bereich der Beine, Schlaganfälle und Herzinfarkte als Folgen haben.

Mikroangiopathie: Bei der Mikroangiopathie kommt es zur Erkrankung der kleinen sauerstoffhaltigen Blutgefäße, die dadurch auch eine diabetische Netzhauterkrankung hervorrufen können. Diese Erkrankung wird zu den häufigsten Ursachen der Erblindung gezählt.

Diabetisches Koma: Das diabetische Koma ist die schwerste Entgleisung des Diabetes, es kann sogar lebensgefährlich sein. Bei einem diabetischen Koma können die Blutzuckerwerte über 1000 mg/dl (normaler Blutzuckerwert: 60-120md/dl) erreichen. Dieses wird meist durch Infekte, Diätfehler (zu viel Süßes/Naschen) oder bei insulinspritzenden Diabetikern durch falsche Dosierung des Insulins verursacht.

Diagnose

In der Antike wurde die Diagnose durch eine Geschmacksprobe gestellt. Der Harn von an Diabetes erkrankten Personen wies einen süßlichen Geschmack auf.

Heute wird zur Diagnosestellung mehrfach - mindestens zweimal - ein erhöhter Blutzucker gemessen. Zu beachten ist, dass für die verschiedenen Materialien (Kapillarblut oder venöses Blut, Messung im Plasma oder im Vollblut) verschiedene Grenzwerte gelten. Da ein Grenzwert etwas Willkürliches ist, sind die Festlegungen nicht weltweit gleich. Von Bedeutung sind die Definitionen der WHO und die der American Diabetes Association. Die Messung muss mit einem Laborgerät durchgeführt werden; die auch in Praxen oder Krankenhäusern verbreiteten Patientenmessgeräte sind hierfür nicht geeignet. Die Messung sollte zeitnah zur Blutentnahme erfolgen. Schließlich sind Krankheitsbilder auszuschließen, die passager (als Nebeneffekt) zu erhöhten Blutzuckerspiegeln führen können.

Kriterien der ADA: Diabetes mellitus liegt vor, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist (Glukose jeweils gemessen im Blutplasma):

  • Nüchternblutzucker ? 7,0mmol/l (126mg/dl)
  • Blutzucker ? 11,1mmol/l (200mg/dl) zwei Stunden nach der Gabe von 75g Glukose, das ist der orale Glukose-Toleranztest (oGTT)
  • Blutzucker ? 11,1mmol/l (200mg/dl) und sonstige Anzeichen für Diabetes, wie beispielsweise starker Durst und häufiges Wasserlassen oder unerklärlicher Gewichtsverlust

WHO-Einteilungen

1965 veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Empfehlungen zur Klassifikation und Diagnostik [WHO, 1965]. 1997 änderte die Amerikanische Diabetes Gesellschaft (ADA) die Kriterien für Klassifizierung und Diagnose, die 1998 von der WHO und 2000 von der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) 2000 übernommen wurden. In dem neuen Modell wird nicht mehr zwischen insulinabhängigem Diabetes mellitus (IDDM) und nicht-insulinabhängigem Diabetes mellitus (NIDDM) unterschieden, da sich diese Einteilung nur auf die Behandlung und nicht auf die Krankheitsursache bezieht.

WHO Einteilung bis 1997: Diabetes mellitus wurde von der WHO nach der Art der Behandlung in fünf Gruppen eingeteilt:

  • NIR: (non-insulin-requiring) Behandlung ohne externe Insulinzufuhr, z. B. nur mit Diät und/oder oralen Antidiabetika.
  • IRC: (insulin requiring for control) Neben dem körpereigenen Insulin wird zusätzlich externes Insulin benötigt, um erhöhte Blutzuckerwerte zu senken.
  • IRS: (insulin requiring for survival) Externe Insulinzufuhr wird zum Überleben benötigt. Dabei handelt es sich nach der alten Einteilung um Typ-1-Diabetes und um Typ-2-Diabetes mit stark reduzierter oder eingestellter eigener Insulinproduktion.

  • IGT: (impaired glucose tolerance) Gestörte Glucosetoleranz.
  • ND: (non diabetic) Nicht an Diabetes erkrankt.

WHO Einteilung seit 1998

Die Weltgesundheitsorganisation teilt seit 1998 und die Deutsche Diabetes Gesellschaft seit 2000 wie folgt ein:
  • Typ-1-Diabetes mellitus: absoluter Insulinmangel aufgrund meist autoimmunologisch bedingter Destruktion (Zerstörung) der Inselzellen des Pankreas (früher Jugenddiabetes genannt)
    • Typ 1a: immunologisch vermittelte Form
    • Typ 1b: idiopathische Form
  • Typ-2-Diabetes mellitus: Insulinresistenz (Hyperinsulinismus) dadurch relativer Insulinmangel. In der Folge nachlassende (versagende) Insulinproduktion. Oft im Zusammenhang mit Übergewicht und Metabolischem Syndrom (früher Altersdiabetes genannt)
  • Typ-3-Diabetes mellitus: Alle anderen spezifischen Formen.
    • Typ 3A: Betazellen genetisch gestört
    • Typ 3B: genetische bedingte Insulinresistenz
    • Typ 3C: Bauchspeicheldrüse (Pankreas) erkrankt oder zerstört
    • Typ 3D: Diabetes durch hormonelle Störungen
    • Typ 3E: Diabetes durch Chemikalien oder Drogen
    • Typ 3F...3H weitere Ursachen
  • Typ-4-Diabetes mellitus: Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes, GDM)

In dieser Einteilung fehlt die sogenannte LADA-Form. Es handelt sich um eine spät auftretende und milde Form eines Typ-1-Diabetes. Es lassen sich Autoimmunvorgänge nachweisen und damit eine Sonderform des Diabetes mellitus Typ 1a feststellen. Meist sind die betroffenen Personen normalgewichtig und brauchen anfangs nur orale Antidiabetika oder eine niedrige Dosis Insulin.

In dieser Einteilung fehlt die MODY Form des Diabetes mellitus. Der MODY-Diabetes (maturity-onset diabetes in the young) tritt bei Kindern und Jugendlichen auf und erfordert längere Zeit keine Insulingaben. Es lassen sich mehrere genetische Defekte als Ursache der Blutzuckererhöhung feststellen und so eine Zugehörigkeit zum Diabetes mellitus Typ 3 (meist 3A) erkennen.

Therapie

Beim Diabetes vom Typ IRS bzw. 1 muss das fehlende körpereigene Insulin künstlich zugeführt werden (siehe Insulintherapie).

Beim Typ-2-Diabetes muss die erhöhte Insulinresistenz durch Gewichtsabnahme, mehr Bewegung oder Medikamente (orale Antidiabetika) (OAD) verringert werden. Eine medikamentöse Therapie ist erst nach Ausschöpfung der Diätmaßnahmen angezeigt und sollte sich am Körpergewicht und weniger am Blutzucker orientieren. Medikamente, die die Insulinausschüttung erhöhen (z. B. Sulfonylharnstoffe), dürften eine ungünstige Wirkung haben. Medikamente, die die Insulinresistenz reduzieren (Acarbose, Metformin), sind wahrscheinlich vorzuziehen.

Je besser es gelingt, die Blutzuckerwerte zu normalisieren (vor einer Mahlzeit bei 110 mg pro dl, danach unter 140 mg pro dl), umso geringer ist die Gefahr von Komplikationen. Die Schwierigkeit besteht darin, nicht über das Ziel hinauszuschießen und eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) zu erzeugen. Auch der Bluthochdruck muss gesenkt werden.

Eine Operation, der laparoskopische Magen-Bypass, zur drastischen Gewichtsabnahme bei massivem Übergewicht (Körpermassenindex > 35), führt zu einer raschen Besserung, meistens sogar vollständigen Behebung des Altersdiabetes.

Beim so genannten Gestationsdiabetes, der nur während der Schwangerschaft auftritt, sollte die Blutzuckerregulierung im Interesse des Kindes besonders streng erfolgen. Die Blutzuckerwerte sollten denen eines Nichtdiabetikers entsprechen. Dies ist oft durch Diät, manchmal erst durch Insulingabe möglich. Bei bestehendem Diabetes mellitus Typ 1 ist eine strenge Regulierung ("Einstellung") bereits vor der Zeugung des Kindes zu empfehlen, was häufig nur mittels einer Insulinpumpentherapie möglich ist.

Diabetes wird oft nicht erkannt, nicht ernst genommen oder unzureichend behandelt. Die Allgemeinmediziner sind bei der Behandlung von Altersdiabetes oft unsicher. Um eine gleichbleibende Qualität bei der Therapie zu erreichen, fördern die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland seit 2003 eine Spezialausbildung für interessierte Mediziner im Rahmen des sogenannten Disease-Management-Programmes (DMP) für Diabetes Typ 2.

Diabetes-Diät

Eine ausgewogene Ernährung besteht aus etwa 50-60 % Kohlenhydraten, 10-15 % Eiweiß und 20-30 % Fett.

Eine übliche Diabetes-Reduktionsdiät beim übergewichtigen Typ-2-Diabetiker enthält beispielsweise 13 Broteinheiten (BE) verteilt auf 5 Mahlzeiten, wobei 1 Broteinheit 12 g Kohlenhydraten entspricht:

  • 3 BE morgens
  • 2 BE Zwischenmahlzeit
  • 3 BE mittags
  • 2 BE Zwischenmahlzeit
  • 3 BE abends

Neben der BE-Berechnung muss auch die über das Fett aufgenommene Kalorienmenge berücksichtigt werden. Sie wirkt sich zwar nicht unmittelbar auf den Blutzucker aus, führt aber bei zu hoher Zufuhr zum Übergewicht und damit zur Insulinresistenz.

Bei den Kohlenhydraten sollten Vollkornprodukte bevorzugt werden, denn der hohe Ballaststoffgehalt wirkt sättigend und lässt den Blutzuckerspiegel langsamer ansteigen. Gleiches gilt für Kartoffeln, Milch, Obst und Hülsenfrüchte.

Der normalgewichtige Typ-1-Diabetiker kann sich ganz normal ernähren wenn er seinen Blutzuckerspiegel im Griff hat. Inklusive Süßigkeiten. Von der GMA empfohlene Mengen sind etwa 4 Gramm Kohlehydrate pro Tag und Kilo Körpergewicht.

Schnell wirkende Insuline (Wirkzeit ein bis zwei Stunden) lassen eine Korrektur zu hoher Blutzuckerspiegel (problematisch ab 5 bis 6 Stunden) noch zu. Daher kann ein an Typ-1 erkrankter auch mal ein Schokoladeneis oder eine Scheibe Brot "zuviel" essen.

Orale Antidiabetika

  • Sulfonylharnstoffe -> Hemmung der ATP-abhängigen Kalium-Kanäle (zum Beispiel Tolbutamid, Glibenclamid, Glimepirid)
  • Biguanide (beispielsweise Metformin)
  • Acarbose (zum Beispiel Glucobay®)
  • Neuere Medikamente sind die so genannten Sensitizer (beispielsweise Actos®, Avandia®). Sie richten sich gegen die Insulinresistenz; das im Blut vorhandene Insulin gelangt besser in die Zelle und kann dort seine Arbeit tun, nämlich aus der Nahrung gewonnene Glukose verwerten helfen.

Insulintherapie

Siehe Insulin und Insulintherapie

Prognoseverbesserung

Eine Verbesserung der Prognose über die Wahrscheinlichkeit von Spätschäden (siehe unten) ist sicher (durch die DCCT-Studie und andere Studien belegt) durch eine Normalisierung der Blutzucker- und HbA1c-Werte erreichbar. Beim alimentär bedingten Altersdiabetes muss die Prognoseverbesserung durch Tabletten allerdings erst nachgewiesen werden.

Personen, die ihren Lebensstil nicht entsprechend den Empfehlungen, die auf empirischen Untersuchungen und statistischen Erhebungen beruhen (siehe UKPDS-Studie, Steno-2-Studie) ändern, haben ein erhöhtes Risiko, Spätschäden zu erleiden. Nur eine Minderzahl von Diabetikern bleibt trotz schlechter Lebensgewohnheiten (fettes Essen, Bewegungsmangel, mangelhafte Kontrolle des Blutzuckers) von Spätschäden verschont.

Die Verzuckerung der Zellen (messbar anhand der Glycolisierung der roten Blutkörperchen durch den HbA1c-Wert) geht bereits nach 2 Stunden erhöhtem Blutzuckerwert eine irreversible chemische Verbindung mit den Zellmembranen ein, die nicht durch einen niedrigen Stoffwechsel kompensiert oder rückgängig gemacht werden kann, sondern höchstens aufgehalten werden kann, um Spätschäden zu vermeiden. Oberstes Ziel der Diabetestherapie ist es daher, diese irreversible chemische Reaktion der Glucoseablagerungen zu minimieren. (AGE-"RAGE"-Bildungsprozess (siehe Typ-2-Diabetes Mellitus - Neue Erkenntnisse zu einer Volkskrankheit - Hellmut Mehnert, Thomas Haak, - Diabetes Akademie Bad-Mergentheim - 1. Auflage 2003 - Seite 40, 1. Absatz)

Die Chance auf ein langes Leben frei von Spätschäden ist um so größer, je niedriger die Glycolisierung ist. Zu hohe Schwankungen des Blutzuckerspiegels verringern diese Chance allerdings wiederum von anderen Seiten. Ein zu niedriger Blutzuckerspiegel und zu hoher Insulinspiegel schädigt die Intima Media (Innenwand der Blutgefäße) genauso wie ein zu hoher Blutzuckerspiegel. Bei jedem Betroffenen muss individuell festgestellt werden, wie die niedrigsten Blutzuckerwerte mit der niedrigsten Zahl von Hypoglycämien erreicht werden können.

Für den betroffenen Diabetiker gilt deshalb, dass er selbst zum Spezialisten für seine Krankheit werden und Verantwortung übernehmen sollte. Er muss die Feinsteuerung und nach Möglichkeit auch die Basalratenfindung im Alltag selbst lösen, da nur er die genaue Reaktion seines Körpers durch die Rahmenbedingungen (Essen, Bewegung, Insulin, Krankheit, Sport ...) kennt und einzuschätzen kann. Insofern verbessert sich die Prognose, wenn sich die Betroffenen durch Wechsel der Lebensführung, Wissensaneignung und Umsetzung des Wissens um ihre Krankheit bemühen.

Ursachen

Typ-1-Diabetes: Selbstangriff auf die Inselzellen

Folgende Argumente sprechen für eine multifaktorielle Genese, bei der jedoch ein Selbstangriff des Körpers auf die Inselzellen der Bauchspeicheldrüse (die das Insulin bilden) am Ende steht:
  • Genetische Prädisposition beim Typ-1-Diabetes in ca. 30 %.
  • Kuhmilch-Hypothese zur Erklärung des erhöhten Risikos von Kindern mit nur kurzer Stillzeit für die Entwicklung eines Diabetes mellitus Typ 1.
  • Diabetogene Viren: Coxsackie B-Viren (besonders B4), intrauterine Rötelninfektion mit dem Rubivirus (führt in 50 % zum Diabetes), Echoviren, Cytomegalievirus (CMV), Herpesviren. Alle diese Viren können möglicherweise eine autoimmune Zerstörung der Inselzellen des Pankreas auslösen.

Neuesten Forschungsergebnissen zufolge löst offenbar das Hormon Insulin selbst den Angriff des Immunsystems auf die Bauchspeicheldrüse aus. Lymphozyten von Typ-1-Diabetikern reagieren nachweislich auf einen bestimmten Teil des Insulineiweißes. Damit ist das normale Insulin selbst bei dieser Diabetesvariante ein wichtiges Antigen und kann daher auch ein Zielpunkt für eine neuartige Therapie werden.

Typ-2-Diabetes: Genetische Veranlagung

Die genetische Veranlagung ist beim Typ 2 der entscheidende Faktor; Umweltfaktoren sind von nachrangiger Bedeutung. Wahrscheinlich sind viele Gene beteiligt (heterogene Erkrankung). Die unterschiedliche Genetik ist wahrscheinlich der Grund für die unterschiedlichen Verlaufsformen.

Gemeinsam sind 3 Mechanismen der Entstehung des Diabetes:

  • Verminderte Insulinempfindlichkeit (Insulinresistenz) der insulinabhängigen Körperzellen; sie geht der Manifestation des Diabetes u. U. bis zu 20 Jahre voraus; häufigste und wichtigste Ursache ist Übergewicht oder Fettsucht;

  • Relativer Insulinmangel bei Funktionsstörung der ß-Zellen in der Bauchspeicheldrüse (die das Insulin bilden);

  • Erhöhte Zuckerbildung in der Leber durch erhöhte Glukagonbildung in der Bauchspeicheldrüse (Glukagon ist ein Hormon der Bauchspeicheldrüse, das den Zuckerspiegel anhebt; es wird vermehrt als Antwort auf den Zuckerbedarf in den Körperzellen gebildet, die auf Insulin vermindert reagieren und daher weniger Zucker aufnehmen und verarbeiten können).

Noch nicht endgültig nachgewiesen ist eine direkte Mutagenese durch Strahlentherapie in Folge einer Krebsbehandlung.

Im Jahr 2004 ist es Forschern am Wake Baptist Medical Center der Forest University (USA) gelungen, eines der beteiligten Gene zu ermitteln: PTPN1. Das auf dem humanen Chromosom 20 lokalisierte Gen kodiert für eine Protein Tyrosine Phosphatase (N1). Es gibt mehrere Varianten des PTN1-Gens: Die riskante Variante findet sich in etwa 35 % aller Individuen der weißen (amerikanischen) Population, während die protektive (schützende) Form bei rund 45 % vorkommt. Bei etwa 20 % der Individuen findet man die neutrale Variante von PTPN1.

Ist das Protein der riskanten Variante im Organismus im Überfluss vorhanden, unterdrückt es die Insulin-Reaktion des Körpers, so dass mehr Glucose (Zucker) im Blutkreislauf verbleibt, die Manifestation von Typ-2-Diabetes.

Die Existenz weiterer für Altersdiabetes verantwortlicher Gene gilt als gesichert. Die Forscher schätzen, dass bei etwa 20 % der hellhäutigen Bevölkerung das PTPN1-Gen verantwortlich ist. Bei den Afro-Amerikanern dagegen scheint das Gen keine Rolle zu spielen, ein weiterer Hinweis, dass mehrere Gene an der Entstehung des Typ-2-Diabetes beteiligt sind.

Folgeerkrankungen und Spätschäden

Wird die Krankheit nicht erkannt oder unzureichend behandelt, kommt es zu gefährlichen Spätfolgen:

  • Nierenversagen (Nephropathie) von leichter Eiweißausscheidung bis zur Dialyseabhängigkeit,
  • Schädigung der großen Blutgefäße (Makroangiopathie) führt gehäuft zu Herzinfarkt, Schlaganfall) und Durchblutungsstörungen (schmerzhafte Einschränkung der Gehstrecke, Schaufensterkrankheit)
  • Schädigung der kleinen Blutgefäße (Mikroangiopathie) führt oft zu Minderdurchblutungen des Gehirns oder der Augen (diabetische Retinopathie bis hin zur Erblindung) und schlechte Ausheilung von Fußwunden
  • periphere Nervenschädigungen (Neuropathie) mit z. T. erheblichen Schmerzen, vor allem in den Beinen,
  • "der diabetische Fuß" (bei dem eine Makro- und Mikroangiopathie und eine periphere Neuropathie ursächlich beteiligt sind) mit seinen fortschreitenden und komplikationsträchtigen großen Wunden (bis hin zu Nekrosen und septischen Infektionen)
  • hoher Blutdruck (Hypertonie) als komplexe Folge diabetischer und hypertoner Gefäßschäden und einer diabetisch bedingten oder durch aufsteigende Harnwegsinfektionen hervorgerufenen Nierenschädigung
  • Fettleber und Fettleberhepatitis: vermehrte Fetteinlagerung in die Leber, manchmal mit zusätzlicher Entzündung.

Sozial medizinische Bedeutung und Kosten

Die Kosten der Insulinbehandlung bei Typ-1-Diabetikern sind vergleichsweise gering und wurden in Deutschland bis zur Gesundheitsreform von den Krankenkassen übernommen. Typ I Diabetiker müssen nun je nach Insulin 5-10 Euro aufzahlen. Zusätzlich kommen noch weitere Kosten wegen Blutzuckermessungen, Praxis/Klinikaufenthalten, etc

Ganz anders stellt sich dagegen die Kostensituation bei den Typ-2-Diabetikern dar: gemäß der CODE-2® -Studie beliefen sich 1998 in Deutschland die durch Typ-2-Diabetes entstandenen volkswirtschaftlichen Gesamtkosten auf 16,05 Milliarden ? (31,4 Mrd. DM). Hiervon trugen die gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen mit 61 % den Löwenanteil. Ein Patient mit Typ-2-Diabetes verursachte abhängig von seinem Komplikationsstatus (sekundäre durch die Diabetes verursachte Erkrankungen) 1,3 (keine Komplikationen) bis 4,1-fach (makro- und mikrovaskuläre Komplikationen) höhere Kosten als durchschnittlich für GKV-Versicherte ausgegeben wird. Die Hälfte der Gesamtkosten wurde durch die stationäre Behandlung verursacht, weitere 27 % der Ausgaben entfielen auf die medikamentöse Behandlung (davon Insulin und orale Antidiabetika: 7 %) und schließlich 13 % auf die ambulante Behandlung. Zusätzliche Kosten entstehen durch Patente: Insulinpatronen sind nur mit Pens bestimmter Hersteller nutzbar. Außerdem verhindern Patente das Eintreten neuer Unternehmen und damit Kostensenkungen

Literatur, Abstracts

  • Liebl A, Neiss A, Spannheimer A, Reitberger U, Wagner T, Gortz A, "Costs of type 2 diabetes in Germany. Results of the CODE-2 study", Dtsch Med Wochenschr. 2001 May 18;126(20):585-9
  • Liebl A, Goertz A, Spannheimer A, Reitberger U, Renner R. Assessing cost of complications in patients with type 2 diabetes in Germany: Poster presentation at EASD, Jerusalem September 2000; Diabetologia, Vol. 43:1.

Siehe auch

Deutsche Diabetes-Stiftung - Insulin - Insulintherapie - Broteinheit - Blutzucker - Hyperglykämisches Koma - MODY -- LADA - Übergewicht -- Diabetesdiät - Deutsche Diabetes-Union - Deutsche Diabetes Gesellschaft - Deutscher Diabetiker Bund - Diabetes-Symposium - Institut für Diabetesforschung - Verbliebene Eigensekretionsrate

Weblinks

Literatur

  • Nicola Haller: Die erfolgreiche Diabetesschulung (2005)
  • Helmut Schatz: Diabetes kompakt (2004)
  • Gerhard-Walter Schmeisl: Schulungsbuch für Diabetiker (2002)
  • Renate Jäckle: Gut leben mit Typ-1-Diabetes (2003)
  • Elisabeth Lange: Diabetes Typ 2 (2002)
  • Arthur Teuscher: Gut leben mit Diabetes Typ 2 (2002)
  • Birgit Kuhn: Schwangerschaft, Diabetes und Kinderglück (2004)
  • Peter Hürter, Karin Lange: Kinder und Jugendliche mit Diabetes (2004)
  • Deutscher Diabetiker Bund (DDB): Kids und Diabetes (CD-ROM, ab 6 Jahre)
  • Kristiane Hallermann, Angéla Ellwanger: Die Erlebnisse des Teddybären Wuschel
  • Hagge, Bartus: Mama, mir ist komisch
  • Melanie Hoffmann, Frieda Funke: Out of Glukiter
  • Jean Betschart: Diabetes? Packen wir's an! Wichtiges Wissen für Schulkinder im Comic-Stil
  • Prof. Dr. med. P. Hürter, Dr. K. Lange: Diabetes-Buch für Kinder (und Eltern)
  • o.A: Micha und Su-Lina - eine ungewöhnliche Freundschaft (ab ca. 3 Jahre)
  • Birgit Richter, Larysa Golik: Ein Schlüssel für Tim - Mama, was ist zuckerkrank? (ab ca. 4 Jahre)
  • Dr. med. B. Jäger-Glogauer: Geschichte von Herrn Fettauge und seinen Freunden (ab 4 Jahre)
  • Solfried Rück: Weglaufen gilt nicht (ab Jugendalter)
  • Solfried Rück: Billa auf Stelzen (ab Jugendalter)
  • Karen Hesse: Nennt mich einfach Jule (ab Jugendalter)
  • Lurlene McDaniel: Das Leben fängt noch einmal an (ab Jugendalter)
  • Lurlene McDaniel: Sommer der Entscheidung (ab Jugendalter)


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