Home > Psychologie > B > Bipolare Störung Impressum

Bipolare Störung

Als bipolare Störung wird eine affektive Störung bezeichnet, bei der wiederholt depressive Phasen (mit gedrückter Stimmung und vermindertem Antrieb) und manische Phasen (mit gehobener oder gereizter Stimmung und vermehrtem Antrieb) auftreten. Dazwischen tritt in der Regel eine Besserung ein. Bei längerem Verlauf mit mehreren Episoden können jedoch Residual-Symptome zurück bleiben. Manische Phasen sind dadurch gekennzeichnet, dass Schlaf oft als unnötig empfunden wird. Man erkennt sie meist an verkürztem Schlaf. Bei Depressionen gibt es quälende Schlafstörungen. Die bipolare Störung ist also eine sehr ernste "Stimmungs- und Antriebskrankheit".

Früher wurde für diese Störung auch der Begriff "manisch-depressive Erkrankung" oder gar "manisch-depressives Irresein" (Kraepelin) verwendet, umgangssprachlich wird sie als "manische Depression" bezeichnet.

Episoden beider Art treten häufig, aber nicht ausschließlich nach einem belastenden Lebensereignis auf. Die Betroffenen sind sehr vulnerabel gegenüber Stress. Genetische Veranlagung spielt eine Rolle. Es sind innere Rhythmen, die auch unabhängig von äußeren Ereignissen wirken. Die bipolare Störung ist eine lebenslange, chronische Erkrankung. Oft erkennen die Betroffenen ihre Krankheit nicht, denn man geht meist davon aus, dass es anderen innerlich genauso geht. Nichtbetroffene kennen auch glückliche oder gereizte Zustände auf der einen, und depressive Stimmungen auf der anderen Seite. Auch ihre Stimmung und ihr Antrieb pendelt und ist nicht immer gleich. Bei der bipolaren Störung werden allerdings die normalen Ausschläge überschritten. Die Gegenpole sind viel extremer (Name!). Das können Nichtbetroffene meist nicht nachvollziehen. Eine Depression wird als viel schlimmer empfunden als das "Depressiv-Drauf"-Sein, das auch viele gesunde Menschen manchmal durchmachen. Eine Manie ist viel stärker als normale Glücksgefühle, Gereiztheit und normaler Antrieb. Die Phasen der Manie äußern sich häufig in starker Aktivität in Beruf und freiwilligem Engagement. Gerade diese Aktivität wird dem Betroffenen aber an dieser Stelle möglicherweise zum Verhängnis, da sie von Außenstehenden als übertrieben, aufdringlich oder gar anmaßend empfunden werden kann. Oft führt eine Manie zu Selbstüberschätzung und Übertreibung. Der Betroffene kann sich angeblich vollbrachte Leistungen durchaus auch nur einbilden. Während einer Manie konzentriert der Betroffene oft seine volle Kapazität auf Teilaspekte seine Lebens, wobei andere Aspekte vernachlässigt werden. So kann es vorkommen, dass der Betroffene seine gesamte Energie auf sein berufliches oder freiwilliges Engagement verwendet, gleichzeitig aber seine sozialen Kontakte oder seinen Haushalt vernachlässigt. In der Tat kann die vermehrte Leistungsbereitschaft auch zu Erfolgen führen. So kann der Erkrankte während einer Manie auch sehr respektable Leistungen vollbringen. Die Auswirkung der Krankheit auf ein Engagment bezieht sich also insbesondere auf dessen Umfang sowie die Interpretation des Geleisteten durch den Erkrankten. Die Depression verkehrt im Gegenzug alle diese Aspekte ins Gegenteil und zwingt den Betroffenen zu Apathie und Lustlosigkeit.

Das erstmalige Auftreten der Krankheit kann in jedem Alter geschehen. Häufigkeit und Dauer der einzelnen Phasen sind sehr unterschiedlich; generell lässt sich jedoch sagen, dass manische Phasen in der Regel etwas kürzer dauern als depressive Episoden, dass die Intervalle zwischen den Phasen im Lauf der Zeit kürzer werden und dass mit zunehmendem Lebensalter häufiger depressive Phasen auftreten und diese länger andauern.

Eine medikamentöse Behandlung erfolgt in der Regel mit Neuroleptika bei akuten Manien und/oder Antidepressiva; eine vorbeugende Behandlung erfolgt mit Stimmungs-Stabilisierern wie Lithium oder Antiepileptika wie Carbamazepin, Valproinsäure oder Lamotrigin. Neuerdings ist auch das Neuroleptikum Olanzapin als Phasenprophylaxe zugelassen. Die genauen Wirkungsweisen, insbesondere die des Lithiums, in Form von Lithiumcarbonat eingenommen, sind bisher noch ungeklärt.

Sinnvoll ist auch oft eine auf die Krankheit abgestimmte kognitive Verhaltenstherapie (Psychotherapie) oder Soziotherapie. Empfehlenswert sind außerdem Selbsthilfegruppen. Aufgrund der mangelnden Krankheitseinsicht der Betroffenen, insbesondere in manischen Episoden, muss eine Behandlung in der akuten Krankheitsphase oft gegen den Willen der Patienten erfolgen. Das in einer Manie gesteigerte Selbstbewusstsein kann auch dazu führen, dass der Betroffene seine Medikamente selbstständig absetzt, was das Risiko eines erneuten und stärkeren Ausbruchs der Störung in sich birgt.

An bipolarer Störung Leidende haben ein um das 20 bis 30-fache erhöhtes Selbsttötungsrisiko. 15 % begehen Selbstötung. Besonders riskant sind Depressionen, bei denen die Lähmung des Antriebs noch nicht da ist oder etwas verbessert ist, so dass man seinen Vorsatz, der durch die verzerrte Sicht der Realität verursacht ist, umsetzen kann. Auch gemischte Phasen (Mischzustände), bei denen manische und depressive Symptome vermischt vorkommen, bieten ein großes Selbsttötungs-Risiko.

Partnerschaft und Beruf sind durch die langen und wiederkehrenden Episoden in Gefahr. Die bipolare Störung gehört zu den zehn Krankheiten, die weltweit am meisten zu Behinderung führen. Die Lebenserwartung ist - auch ohne die erhöhte Suizidrate - verkürzt.

Ein unter Psychiatern übliches, aber nicht ganz korrekt benutztes Synonym für bipolare Störung ist bipolare Psychose.

Siehe auch: Schizoaffektive Störung

Weblinks