Größenwahn''Dieser Artikel befasst sich mit der "Erkrankung" Wahn. Weiteres siehe: Köln-Wahn, Wahn (Hümmling) Der Begriff Wahn repräsentiert eine menschliche Überzeugung, die I. logisch inkonsistent ist oder wohlbestätigtem Wissen über die reale Welt widerspricht und Häufig wird die Ansicht vertreten, ein Wahn sei - etwa im Gegensatz zum sogenannten Aberglauben - nicht durch den soziokulturellen Hintergrund einer Gemeinschaft gestützt, sondern besitze vereinzelnden Charakter. Diese Auffassung impliziert jedoch, daß ein Wahn verschwände, sobald er nur von einem ausreichend großen Personenkreis geteilt würde. Ihre Popularität beruht wesentlich auf philosophischen Unschärfen (Naturalistischer Fehlschluss, Verwirrung um die Begriffe Glauben und Wissen, Verzicht auf logische Prüfung bestimmter Aussagen sowie fehlerhafte Beurteilungen ihrer ontologischen und erkenntnistheoretischen Aspekte - Erläuterungen dazu siehe Weblink Nr. 3). Es ist also festzuhalten, dass die o.g. Merkmale des Wahns von der Größe seiner Anhängerschaft und der Art seiner Bezugsobjekte unberührt bleiben. UrsachenWahn gilt als Zeichen einer Psychischen Störung. In der Psychiatrie werden Wahngedanken auch als "inhaltliche Denkstörungen" bezeichnet, die unter anderem bei schizophrenen Psychosen, bei (endogenen) Depressionen, bei Manie, bei Demenzen und weiteren psychischen Erkrankungen mit oder ohne diagnostizierbarer organischer Ursache auftreten. Der Wahn spiegelt auch ein soziales Verhältnis wieder. Innerhalb dieses Verhältnisses spricht eine Seite der anderen den Realitätsgehalt ihrer Überzeugungen ab und erwartet, dass die andere Seite ihre Überzeugungen aufgibt. Verschiedene Ausprägungen von WahnAußenstehende nehmen Wahnüberzeugungen teilweise als ausgefeilte und umfassende "Wahngebäude" wahr, in die Betroffene ihr alltägliches Erleben einbeziehen und umdeuten (z.B. "das parkende Auto da draußen dient nur dazu, eine Abhöranlage zu tarnen"). Psychiater sprechen dann auch von systematisiertem Wahn. Manchmal beschränkt sich die Wahnsymptomatik aber auch auf ein einziges und scharf umgrenztes Gebiet ("Frau X ist eine Hexe"), und Außenstehende empfinden die Betroffenen von diesem einen Punkt abgesehen als durchaus realitätsbezogen. Für Schizophrenien sind im Allgemeinen solche Wahninhalte typisch, die von anderen als den Betroffenen als besonders bizarr und unlogisch empfunden werden. Man spricht bei Schizophrenien auch von einem "Erklärungswahn", also einer wahnhaften Überzeugung, welche andere Symptome der Schizophrenie (wie akustische Halluzinationen) für den Betroffenen erklärbar machen soll. Bei einer anhaltende wahnhafte Störung treten in der Regel Wahninhalte auf, die Außenstehende als in sich relativ schlüssig und nicht bizarr empfinden. Reale Ereignisse werden dabei in den Wahninhalt einbezogen. Eine anhaltende wahnhafte Störung gilt als chronisch und kaum behandelbar. Komplexe, in sich geschlossene "Wahnsysteme" nennt man auch Paranoia. In diesem Fall wird nicht von einer schizophrenen Psychose gesprochen, da bei den Betroffenen keine sonst für die Schizophrenie typischen Symptome (Halluzinationen, Ich-Störungen, formale Denkstörungen usw.) festgestellt werden. Als "Paranoiker" werden Menschen bezeichnet, die Psychiater als geordnet, logisch und bis auf den Wahn psychisch völlig unauffällig wahrnehmen. Als typisch paranoisch gilt z.B. eine Überzeugung, dass andere Menschen sich gegen die betroffene Person verschwören, hinter dem Rücken über sie reden und Komplotte schmieden. Dies alles wird mit Argumenten ausgebaut, denen Psychiater einen logischen und realistischen Gehalt zusprechen. Bei einer Depression mit Wahnsymptomen treten häufig Verarmungswahn, Schuldwahn und Katastrophendenken auf. Für eine Manie dagegen ist eher Größenwahn kennzeichnend. Als "Maniker" werden Menschen bezeichnet, die entgegen der Auffassung ihrer Umwelt der Überzeugung sind, sie seien beispielsweise ein hochbegabter Künstler oder eine geniale Musikerin, und die sich daraufhin einen teuren Flügel kaufen, obwohl sie noch nie zuvor Klavier spielten, oder die sich ein Atelier mieten, obwohl niemand ihnen jemals ein besonderes künstlerisches Talent zusprach. Wenn der Wahninhalt als mit der psychischen Grundstimmung der Betroffenen übereinstimmend erlebt wird, spricht man in der Psychiatrie von einem synthymen Wahn. Von dysthymen Wahneinfällen wird dagegen gesprochen, wenn Psychiater die psychische Gestimmtheit der Betroffenen nicht als mit dem Wahninhalt übereinstimmend empfinden. Personen mit Demenz können ebenfalls Wahnsymptome zeigen. Häufig wird dabei die wahnhafte Überzeugung, von anderen Menschen bestohlen zu werden, festgestellt. Auch im Zusammenhang mit der Alkoholkrankheit bzw. allen Suchterkrankungen mit geistiger Beeinträchtigung werden verschiedene Formen des Wahns festgestellt, darunter am häufigsten Eifersuchtswahn. Selten tritt ein so genannter induzierter Wahn auf. Er wird auch symbiontischer Wahn oder Folie à deux genannt. Hier übernimmt ein enger Angehöriger, der viel Zeit mit einem unter einer Wahnsymptomatik leidenden Menschen verbringt, meist also der Lebenspartner, die Wahnideen des Betroffenen. Durch soziale Isolierung und eine zunehmend als feindlich oder bedrohlich empfundene Umwelt wird das gemeinsame Wahnerleben verstärkt; der Wahn schafft Gemeinsamkeit und Kommunikation. Bei einer vorübergehenden Trennung der Personen wird dann meist ein rascher Rückgang der wahnhaften Symptomatik bei der Person mit dem induzierten Wahn festgestellt. Da Kinder bis zum älteren Schulalter in der Regel ihre Einschätzungen der Realität von den Eltern übernehmen, sind sie besonders gefährdet, in den Wahn oder von Eltern einbezogen zu werden und daran teilzuhaben. Ein dem Wahninhalt entsprechendes Verhalten des Kindes wirkt dann als Bestätigung für den Wahn der Eltern. Für Kinder kann eine solche Konstellation schwerwiegende Folgen haben. Ist beispielsweise ein Elternteil überzeugt, dass das Kind psychisch verändert oder gestört sei, besteht die Gefahr, dass das Kind diese Überzeugung in sein Selbstbild, sein Erleben und Verhalten übernimmt. Dadurch kann es dazu kommen, dass Psychologen oder Psychiater beim Kind eine Identitätsstörung feststellen. Im Zusammenhang mit dem induzierten Wahn wird vermutet, dass auch falsche Erinnerungen beispielsweise bezüglich eines sexuellen Missbrauchs entstehen können (»false memory syndrome«). Beeinträchtigungswahn und VerfolgungswahnDie betroffene Person fühlt sich von ihrer Umwelt beeinträchtigt, d.h. sie fühlt sich von ihren Mitmenschen beleidigt, erniedrigt, verhöhnt, man trachtet nach ihrem Leben etc., während die Mitmenschen nichts dergleichen wahrnehmen. Als eine stärkere Form des Beeinträchtigungswahns gilt der Verfolgungswahn: der betroffene Mensch fühlt sich verfolgt und/oder beobachtet, z.B. von Agenten, Außerirdischen oder anderen. Er interpretiert dabei Ereignisse in seiner Umgebung entgegen der Überzeugung ihrer Mitmenschen häufig als Spionage- oder Überwachungsaktionen. BeziehungswahnDer Betroffene bezieht Dinge und Ereignisse in seiner Umgebung auf sich, die nach Ansicht seiner Mitmenschen gar nichts mit ihm zu tun haben; er glaubt beispielsweise, dass Fernsehnachrichten versteckte Botschaften an ihn persönlich enthalten. Der Beziehungswahn ist besonders bei paranoischen Formen zu beobachten, bei denen er oft das Fundament des übrigen Wahngebäudes bildet. VerarmungswahnDie betroffene Person fühlt sich arm, oder fürchtet, zu verarmen, obwohl ihre Mitmenschen dafür keinerlei Hinweise wahrnehmen bzw. ihre finanzielle Situation vollkommen unverändert ist. Größenwahn (Megalomanie)Die betroffene Person hält sich für eine wichtige politische oder religiöse Persönlichkeit, die Reinkarnation großer Persönlichkeiten, für einen Gott oder einen Propheten, obgleich ihre Mitmenschen sie für einen gewöhnlichen Menschen halten. Ähnlich ist z.B. der sog. Sendungswahn ("ich muss die Menschheit erlösen"). Als Sonderformen gelten:
SchuldwahnDie Person glaubt, dass sie Schuld an Ereignissen trägt, mit denen sie nichts zu tun hat (z.B. "wegen mir gibt es Armut auf der Welt"). Meist führt sie dies darauf zurück, sündig zu sein, gegen göttliche oder moralische Prinzipien verstoßen zu haben, sich versündigt zu haben und erwartet, dafür bestraft zu werden. Daher auch Versündigungswahn genannt. KatastrophendenkenDie Person befürchtet ständig, dass schlimme Ereignisse eintreten, z.B. dass nahe Verwandte krank werden, ihnen etwas zustößt oder dass sie plötzlich sterben, obgleich ihre Mitmenschen diese Gefahren gewöhnlich ignorieren oder ihr Auftreten als unwahrscheinlich einschätzen. KrankheitswahnDer Betroffene glaubt sich unheilbar krank, dem Siechtum oder dem Tod nahe u.a. durch Krebs, Multiple Sklerose, HIV oder diffuseren Erkrankungen wie "Schrumpfung innerer Organe"/"Hirnschwund", obwohl keine medizinischen Befunde hierfür vorliegen. Siehe auch Hypochondrie. NichtigkeitswahnDie betroffene Person hält sich für sehr minderwertig, unwichtig, im Extremfall (nihilistischer Wahn) für gar nicht existent, obwohl ihre Mitmenschen sie als gleichwertig, wichtig und präsent wahrnehmen. ErfinderwahnEine Person hält sich für einen genialen Erfinder, entwickelt zahllose Apparaturen, die nach den Tests ihrer Mitmenschen teilweise gar nicht funktionieren oder in deren Augen keinen Zweck erfüllen. EifersuchtswahnDer Betroffene ist in einem Maße eifersüchtig auf den Lebenspartner oder die Lebenspartnerin, das seine Mitmenschen als übertrieben empfinden. Er interpretiert diverse Ereignisse als Beweis für einen Treuebruch. Eifersuchtswahn wird häufig bei Alkoholkrankheit diagnostiziert und in einen Zusammenhang mit Gewalt gegen den Partner bzw. die Partnerin gestellt. Sonstige FormenWeitere Formen des Wahns werden durch Zusammensetzung des als wesentlich verstandenen Inhalts der betreffenden Überzeugung mit dem Wort Wahn gebildet. Zum Beispiel:
Umgang mit WahnDer Umgang mit Wahn ist teilweise von beträchtlichen Ängsten geprägt, denn das Verhalten als "wahnsinnig" empfundener Menschen erscheint häufig als unkalkulierbar. Es ist für Außenstehende aussichtslos, einen Betroffenen von seiner wahnhaften Überzeugung abbringen zu wollen. Für den Erkrankten besteht eine "Wahngewissheit", er braucht keine Beweise für seinen Wahn. Gegenbeweise werden unerschütterlich ignoriert oder in den Wahn eingefügt ("die haben die Kamera, die mich ausspioniert, jetzt woandershin gebracht"). Es ist ja gerade das Kennzeichen des krankhaften Wahns, dass sich dieser vom Betroffenen nicht rational überprüfen lässt oder die subjektive Wahngewißheit stärker als alle gegenteiligen Belege wirkt. Man sollte im Umgang mit Betroffenen also den Wahn weder angreifen, noch sich auf den Wahninhalt einlassen und so tun, als ob er real sei (dies kann allenfalls zu einer kurzfristigen Entspannung führen). Stattdessen sollte man anerkennen, dass der Wahninhalt für den Betroffenen eine Realität darstellt, und dass dieser dadurch meistens sehr belastet und geängstigt ist. Neuere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass das Herstellen eines Realitätsbezuges im Umgang mit Wahnkranken durchaus zu einer beginnen Distanzierung vom wahnhaften Erleben beitragen kann. Insofern muss die Definition als "unerschütterliche Überzeugung" neu gefasst werden. Eine Behandlung ist aufgrund der fehlenden Einsicht nicht immer einfach. Gelegentlich kann ein Patient durch Angehörige oder den Arzt trotz Uneinsichtigkeit dennoch zur Behandlung motiviert werden. Teilweise besteht auch eine so genannte doppelte Buchführung, d.h. der Patient hält am Wahn fest (und meint beispielsweise, er würde von außerirdischen Wesen verfolgt) hat aber gleichzeitig eine gewisse Krankheitseinsicht, begibt sich selbst in Behandlung und nimmt seine Medikamente regelmäßig. Wenn eine Eigen- oder Fremdgefährdung besteht und keine Einwilligung zur Behandlung vorliegt, kann diese zwangsweise erfolgen. Die psychiatrische Behandlung ist je nach diagnostizierter zugrunde liegender Erkrankung (z.B. Schizophrenie, Depression, Manie) unterschiedlich. Von großer Wichtigkeit ist daher die genaue Abklärung der Diagnose. Prinzipiell kommen in der Psychiatrie bei Wahn unterschiedlicher Art Neuroleptika aufgrund ihrer antipsychotischen Wirkung in Frage. Bei Erkrankungen wie Manie oder Depression erfolgt dies dann meist zusätzlich zur antimanischen oder antidepressiven Medikation. Mit Hilfe von Neuroleptika lässt sich oft eine rasche Besserung der Wahnsymptomatik erzielen. Bestimmte Wahnformen, wie z.B. Wahn im Rahmen einer anhaltenden wahnhaften Störung, können aber auch weitgehend therapieresistent sein. WeblinksWikiquote: Zitate zu Wahn
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