SadomasochismusBDSM ist ein Kunstbegriff und die korrekte Bezeichnung für eine verwandte Gruppe sexueller Vorlieben, die oft ungenauer unter Sadomasochismus (SM, auch Sado-Maso) zusammengefasst werden. BDSM ist eine Abkürzung für die subsummierten Aspekte:
Das heute gebräuchliche Modell zum Verständnis von BDSM ist lediglich der Versuch einer phänomenologischen Trennung der Aspekte. In der individuellen Ausprägung sexueller Vorlieben überschneiden sich die hier getrennten Aspekte häufig. EinleitungPrinzipienViele der innerhalb von BDSM ausgeübten Praktiken würden ohne den Zusammenhang zur speziellen sexuellen Vorliebe als unangenehm, peinlich oder schmerzhaft empfunden werden. Die Grundlage von BDSM ist daher das mündige gegenseitige Einverständnis, das durch den Verhaltenskodex mit der englischen Bezeichnung safe, sane and consensual ausgedrückt wird. Dies bedeutet soviel wie sicher, vernünftig und in gegenseitigem Einverständnis. Einige Anhänger des BDSM bevorzugen einen etwas anderen Verhaltenskodex mit der englischen Bezeichnung RACK (Risk aware consensual Kink) was etwa soviel bedeutet wie Risikobewusstes einvernehmliches sexuelles Handeln und wollen damit die Eigenverantwortung beider Partner stärker betonen. Durch das Befolgen solcher Prinzipen unterscheidet sich BDSM von Vergehen oder Verbrechen gegen die sexuelle Selbstbestimmung.Um jederzeit das gegenseitige Einverständnis sicherzustellen, wird in aller Regel neben einem vorherigen Gespräch über die Wünsche und Grenzen der Beteiligten auch ein Sicherheitswort Safeword vereinbart, durch das die Handlung zu jeder Zeit unverzüglich unterbrochen oder abgebrochen werden kann. Einordnung und VorkommenFrüher wurden viele der innerhalb von BDSM gelebten Praktiken dem Sadismus oder dem Masochismus zugerechnet und im Sinne einer Triebstörung (Paraphilie) seitens der Psychiatrie als krankhaft eingeschätzt. Erst mit dem Erscheinen des DSM IV im Jahr 1994 wurden Diagnosekriterien veröffentlicht, nach denen BDSM eindeutig nicht mehr als Störung der Sexualpräferenz angesehen wird.Die Diagnose Sadismus oder Masochismus darf hinsichtlich der sexuell motivierten Ausprägung dieser Störungen nur noch gestellt werden, wenn der Betroffene anders als durch die Ausübung sadistischer oder masochistischer Praktiken keine sexuelle Befriedigung erlangen kann, oder seine eigene sadistisch oder masochistisch geprägte Sexualpräferenz selbst ablehnt und sich in seinen Lebensumständen eingeschränkt fühlt oder anderweitig darunter leidet. Eine Überlagerung von sexuellen Präferenzstörungen und der Ausübung von BDSM-Praktiken kommt jedoch vor. BDSM wird von allen Schichten der Gesellschaft praktiziert und kommt bei homosexuellen wie auch heterosexuellen Männern, Frauen und Transgendern vor. Durch eine gesteigerte Medienberichterstattung seit ungefähr Mitte der 1990er-Jahre sind einige Elemente des BDSM popularisiert worden ? sowohl schwarze Lederbekleidung als auch sexuelle Spiele wie Fesseln und Dominanz-Rollenspiele. Die Schätzungen über den Anteil sexueller Vorlieben aus dem Bereich BDSM in der Bevölkerung reichen von 5 bis 25 %, je nach der Art der Fragestellung. Repräsentative Erhebungen belegten bei heterosexuellen Personen ein Vorkommen bei etwa 3 Prozent, bei homosexuellen Personen um 15 Prozent (mit einer klaren starken Präferenz um 3 Prozent). Begrifflichkeit und SpracheBDSM hat den gesellschaftlichen Charakter einer Subkultur und verfügt über ein eigenes Vokabular, dessen Bedeutung sich teils sofort teils auch erst mit gewisser Erläuterung erschließt.Viele Anhänger des BDSM betrachten die Ausübung von BDSM in ihrer Sexualität als Erotisches Rollenspiel und sprechen in diesem Zusammenhang daher auch von Spiel und spielen. Die Durchführung eines solchen Spieles bezeichnet man als Session und bezogen auf den Inhalt und die Umstände des Spiels spricht man von Scene (englisch für Szene, gemeint auch Inszenierung). Analog dazu spricht man auch von Spielbeziehungen und meint damit zweierlei: Zum einen bezeichnet man mit diesem Begriff gewöhnliche gleichberechtigte Partnerschaften, in denen BDSM Teil oder Vorspiel der Sexualität ist. Es können mit diesem Begriff aber auch Partnerschaften gemeint sein, die ausschließlich gelegentliches gemeinsames Ausleben bestimmter sexueller Fantasien zum Ziel haben und in denen sonst kein weiteres partnerschaftliches Verhältnis besteht. Im Gegensatz zu solchen Spielbeziehungen stehen partnerschaftliche Verhältnisse, die klar von Vorstellungen aus dem Bereich BDSM bestimmt sind und innerhalb derer die beteiligten Partner kein gleichberechtigtes Verhältnis zueinander pflegen. Man spricht hierbei von 24/7-Beziehungen, hergeleitet von 24 Stunden täglich, 7 Tage in der Woche. Man unterscheidet gewöhnlich zwischen einem aktiven und einem passiven Partner und bezeichnet den aktiven Parter normalerweise als Top, den passiven als Bottom. Die Bezeichnung Sklave oder Sklavin wird in der Regel nur innerhalb bestimmter Vorstellungen aus dem Bereich Domination und Submission gebraucht. Ebenfalls vorwiegend im Bereich Domination und Submission werden analog zu den Bergiffen Top und Bottom die Begriffe Dom und Sub gebraucht. Personen, die sowohl aus der aktiven, wie auch aus der passiven Rolle Lustgewinn ziehen können, bezeichnet man als Switch. Eine Domina bietet sexuelle Dienstleistungen aus dem Bereich BDSM entgeltlich an. Viele Dominas verstehen sich dennoch nicht als Prostituierte, da es häufig nicht zum Geschlechtsvekehr zwischen Domina und Kunden kommt. Die männliche Entsprechung der Domina, vorwiegend im Umfeld männlicher Homosexueller, heißt Sado. Bondage / DisciplineBondage und Discipline sind zwei Bereiche des BDSM die miteinander nicht zwingend zu tun haben, jedoch auch gemeinsam vorkommen können.BondageDer englische Begriff Bondage bezeichnet Praktiken der Fesselung in sexuellem Kontext zur Erregung und Steigerung sexueller Lust. Bondage ist eine sehr beliebte Spielart aus dem großen Variationsbereich von BDSM. Studien in den USA kamen zum Ergebnis, dass etwa die Hälfte aller Männer und viele Frauen Bondagespiele für erotisch halten.Bondage im engeren Sinn meint das Fesseln des Partners duch das Zusammenbinden der Gliedmaßen, z. B. duch die Verwendung von Handschellen, oder auch das Festbinden des Partners an Gegenständen. Auch das Spreizen der Gliedmaßen kann durch Bondage erreicht werden, z. B. durch Fesseln an ein Andreaskreuz. Eine besondere Form des Bondage ist das Aufhängen des gefesselten Partners, das sogenannte Suspension-Bondage. Eine weitere Sonderform ist das Japanische Bondage oder auch Shibari, bei dem nicht nur die Immobilisation des Partners, sondern auch die Ästhetik der Fesselung den erotischen Reiz ausmacht. Im weiteren Sinne gehören auch Spiele mit Knebeln in den Bereich Bondage. DisciplineUnter Discipline versteht man im Bereich des BDSM Praktiken des Flagellantismus oder auch des Spanking-Fetischismus, im weitesten Sinne auch das erotische Spanking.Der sexuelle Lustgewinn entsteht durch das Empfangen oder Zufügen von Schlägen mit der Hand oder verschiedenen Gegenständen. Die Intensität der Schläge variiert hierbei stark. Eine Kombination mit Praktiken aus dem Bereich von Bondage ist häufig, aber nicht zwingend. Die Abgrenzung vom Sadomasochismus manchmal schwierig. Neben Schlägen kommen gelegentlich auch andere Arten von Körperstrafen zum Einsatz, z. B. beim Figging. Fälschlich, aber häufig, wird der Begriff Discipline auch gebraucht, um Erziehungsspiele aus dem Bereich Domination und Submission zu beschreiben. Eine Vermischung beider Bereiche kommt sicher ebenfalls häufig vor, der eindeutige Schwerpunkt in der Bedeutung von Discipline sind aber Schläge. Domination und SubmissionDas Begriffspaar Domination und Submission kommt aus dem Englischen und bedeutet Herrschaft, Dominanz bzw. Unterwerfung, Unterordnung. Man bezeichnet damit eine Situationen, in der Ungleichheit zwischen den Partnern einer Beziehung als erstrebenswert angesehen wird: Die Macht des/der einen über den/die anderen wird nicht vermieden, sondern bewusst verfolgt.Die Variationsbreite der individuellen Ausprägungen ist dabei groß. Von vielen BDSM-Anhängern wird Domination und Submission eher als die psychische Komponente des BDSM angesehen und findet ihren Ausdruck zum Beispiel im Besonderen durch das Tragen eines Halsbandes oder das Anbringen individueller Tätowierungen um die Unterwerfung gegenüber dem Partner zu demonstrieren. Auch die sexuelle Zurückweisung des Partners kann Teil von Domination und Submission sein (vergleiche Cuckold). Einen großen Teil von Domination und Submission bilden sogenannte Erziehungsspiele, bei denen der dominante Partner dem submissiven bestimmte Verhaltensweisen abverlangt. Sonderformen dieser Erziehungsspiele sind das Petplay, wobei der submissive Partner die Rolle eines Tieres (meistens eines Hundes) einnimmt und das Ageplay bei dem der submissive Partner die Rolle eines Jüngeren spielt (z.B. in der Vorstellung des Verhältnisses Lehrer / Schüler). Die wohl bekannteste und auch klischeebehaftetste Form von Domination und Submission ist die von Herrschaft und Sklaven. Dies kann für die kurze Dauer eines "Spiels" ansonsten gleichberechtigter Partner geschehen, aber auch permanent in den Alltag integriert werden ("24/7") und reicht bei wenigen Partnerschaften bis hin zur tatsächlich völligen Unterwerfung eines Partners im Sinne des Total Power Exchange. SadomasochismusMit Sadomasochismus bezeichnet man heute im Gegensatz zu Domination und Submission die eher physische Seite von BDSM. Konkret sind hier alle Praktiken einzuordnen, deren Zweck das Zufügen oder Empfinden von Schmerzen ist.Discipline (s.o.) weist sadomasochistische Züge auf. Im Gegensatz zur Discipline spielen Schläge bei Sadomasochisten aber eine eher untergeordnete Rolle und es gibt eine Vielzahl anderer Praktiken, die verwendet werden um Schmerzen zu erzeugen. Vergleichsweise selten wird Sadomasochismus eigenständig praktiziert, eine Vermischung mit anderen Aspekten von BDSM ist häufig. Der Begriff Sadomasochismus wurde im Jahr 1913 von Isidor Isaak Sadger geprägt und bezeichnete lange, was heute unter BDSM verstanden wird. RechtslageDeutschlandMit gegenseitigem Einverständnis sind partnerschaftlich ausgeübte Praktiken aus dem Bereich BDSM in Deutschland im Regelfall nicht strafbar.Im Rahmen von Handlungen aus dem Bereich BDSM können folgende Straftatbestände relevant werden:
Für die Verwirklichung des Tatbestands der Nötigung muss die Anwendung von Gewalt oder die Drohung mit einem "empfindlichem Übel" gegeben sein, im Falle der Sexuellen Nötigung die Drohung mit einer Gefährdung für Leib und Leben. Sofern die Fortdauer der Handlung durch den Gebrauch eines Safewords unverzüglich beendet werden kann, sind beide Tatbestände nicht zu verwirklichen. Ähnliches gilt für den Tatbestand des Sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen. Danach ist zu bestrafen, wer unter Ausnutzung der Widerstandsunfähigkeit sexuelle Handlungen an einem anderen vornimmt. Solange der nötige Widerstand, die Fortdauer der Handlung zu unterbrechen durch den Gebrauch des Safewords aufgebracht werden kann, ist der Tatbestand nicht zu verwirklichen, da eine wirkliche Widerstandslosigkeit ja nicht besteht. Eine Beleidigung kann gemäß § 194 StGB nur auf Antrag des Beleidigten verfolgt werden. Eine Freiheitsberaubung ist verwirklicht, wenn das Opfer gemäß objektiver Betrachtung in der Freiheit der Wahl seines Aufenthaltsortes eingeschränkt wird. Nach § 228 StGB handelt derjenige, der eine Körperverletzung mit Einwilligung der verletzten Person vornimmt, nur dann rechtswidrig, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt. Am 26. Mai 2004 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass sadomasochistisch motivierte Körperverletzungen nicht an sich sittenwidrig sind, und damit § 228 StGB gilt. Allerdings ist das Urteil über die Sittenwidrigkeit im Einzelfall abhängig vom Grad der Rechtsgutverletzung, mit anderen Worten von den drohenden gesundheitlichen Folgen der Körperverletzung. Die Grenze zur Sittenwidrigkeit ist laut BGH auf jeden Fall überschritten, wenn "bei vorausschauender objektiver Betrachtung aller maßgeblichen Umstände der Einwilligende durch die Körperverletzungshandlung in konkrete Todesgefahr gebracht wird." In dem Grundsatzurteil hob der BGH ein Urteil des Landgerichts Kassel auf, in dem ein Mann, der seine Partnerin auf deren Wunsch gewürgt und dabei unwillentlich erwürgt hatte, wegen fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war. Eine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge hatte das Landgericht abgelehnt, da die Tat seiner Auffassung nach mit Einwilligung des Opfers geschehen sei. ÖsterreichIn Österreich könnten sadomasochistische Praktiken als Körperverletzung geahndet werden, da die Einwilligung seitens des Opfers wahrscheinlich durch die Sittenwidrigkeit des Aktes ausgehebelt wird. Rechtssicherheit besteht nicht, da es kaum Präzedenzfälle gibt.SchweizDie sexuelle Mündigkeit beginnt in der Schweiz mit 16 Jahren, was auch für BDSM-Spiele gilt. Selbst Kinder (d.h. unter-16-jährige) machen sich nicht strafbar, sofern der Alterstunterschied zwischen den Beteiligten unter drei Jahre beträgt.GroßbritannienDas britische Strafrecht kennt keine Einwilligung in Körperverletzung, entsprechende Handlungen sind auch einvernehmlich unter Erwachsenen illegal, diese Rechtslage wird auch durchgesetzt. Dies führt zu der etwas skurrilen Situation, dass Großbritannien und insbesondere London als Weltzentrum der eng verwandten Fetischismus-Szene gelten, es aber für die BDSM-Szene fast ausschließlich private und keine mit der deutschen Playparty-Szene vergleichbaren Veranstaltungen gibt. Dieser Umstand wird z.B. in dem Film Preaching to the Perverted (1997) komödiantisch gelungen aufs Korn genommen.BDSM in Kultur und MedienLiteraturIn der Literatur ist vor allem Sadomasochismus ein Dauerbrenner und hat einige Klassiker hervor gebracht, z.B. Die Geschichte der O von Anne Declos (alias Dominique Aury, alias Pauline Réage), Justine von Marquis de Sade, Venus im Pelz von Leopold von Sacher-Masoch oder die Cult Comics von Eric Stanton, in Anspielungen auch im King Ping Meh. Als Kuriosum zu erwähnen ist Marthas Brief an Leopold Bloom in Ulysses von James Joyce. Auch in "Elf Minuten" von Paulo Coelho wird das Thema angeschnitten. Eine sadomasochistische Autobiografie ist Dezemberkind von Leander Sukov (2005).Filme
Literatur
Magazine
Siehe auch
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