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Supervision

Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem psychologischen Begriff Supervision. Für die Handheld-Konsole siehe Watara Supervision.


Definition

Eine aktuelle Definition von Supervision lautet wie folgt: "Supervision ist Interaktion, deren Aktoren die Rollen „Supervisor”, „Supervisand” und „Auftraggeber” spielen. Die Aktoren legen in einem Kontrakt die Spielregeln ihrer Zusammenarbeit fest. Supervisor und Supervisand interagieren in Sitzungen. An ihre Rollen bestehen die Muss-, Soll- und Kann-Erwartungen:

An die Rolle des Supervisors:

  • muss: der Supervisor leitet die Kontrakt-, Supervisions- und Auswertungssitzungen mit dem Ziel, das Lernen des Supervisanden zu unterstützen.
  • muss: der Supervisor interagiert selektiv authentisch und empathisch mit dem Supervisanden
  • muss: der Supervisor agiert nicht stellvertretend für den Supervisanden außerhalb des Supervisionssystems
  • muss: der Supervisor gewährleistet Datenschutz
  • soll: der Supervisor stellt Rechnung

An die Rolle des Supervisanden:

  • muss: der Supervisand nimmt an Kontrakt-, Supervisions- und Auswertungssitzungen teil
  • muss: der Supervisand sucht die Interaktion mit dem Supervisor und allfälligen Mitsupervisanden
  • muss: der Supervisand reflektiert in der Interaktion seine Praxis, (kann:) mit der Absicht, sich zu entlasten und/oder zu lernen

An die Rolle des Auftraggebers:

  • kann: der Auftraggeber verhandelt oder stellt Bedingungen über Umfang, Frequenz, Preis, Zielsetzungen
  • kann: der Auftraggeber nimmt an der Kontraktsitzung oder an Auswertungssitzungen teil

Aktoren können Einzelpersonen oder soziale Systeme sein. Die Rollen „Auftraggeber” und „Supervisand” können in Personalunion gespielt werden. Der Supervisor kann in der hierarchischen Linie dem Supervisanden nicht vorgesetzt sein.

Die zu reflektierende Praxis umfasst problematische Szenen, die der Supervisand im Beruf, in der Freiwilligenarbeit oder in Bildungssituationen erlebt hat oder auf die er sich vorbereiten will. Die Reflexion fokussiert die Szenen auf das Verhalten und Innenleben der Beteiligten und Betroffenen; auf ihr Miteinander; auf ihre Aufgaben und Vorhaben und/oder auf das Verhältnis des supervidierten Systems zu über, neben- oder untergeordneten Systemen. Auf der Basis der Reflexion kann der Supervisand Lernziele formulieren, die inner- oder außerhalb der Supervision verfolgt werden können." Quelle: David Keel, Qualität von Supervision, 2003)

Supervision kann als Beratungsformat verstanden werden, in welchem mit unterschiedlichen Ansätzen wie Themenzentrierte Interaktion, Gestalt, Personzentrierter Ansatz, Psychoanalyse, Gruppendynamik, NLP,Situationsdynamik und so weiter gearbeitet wird.

Untergliederung der Supervision

Traditionell unterscheidet die Fachliteratur am Kriterium Supervisand: Einzelsupervision, Gruppensupervision, Teamsupervision und Ausbildungssupervision. Die Einzelsupervision ist ein Zwiegespräch zwischen Supervisor und Supervisand. In einer Gruppensupervision nehmen Supervisanden teil, die nicht in einem Arbeitszusammenhang zueinander stehen, welchen sich aber ähnliche Probleme stellen, etwa eine Gruppe von Chefärzten verschiedener Kliniken. Die Teamsupervision wird demgegenüber von Supervisanden besucht, die miteinander im Alltag zusammenarbeiten, etwa dem Personal einer Station - von der Chefärztin bis zum Hilfspfleger. Damit verändern sich die Themen: In der Einzelsupervision und der Gruppensupervision erhält jeder Teilnehmende Raum, sein eigenes Verhalten zu reflektieren. In der Teamsupervision geht's ums Miteinander, um die Zusammenarbeit, um Konflikte, Störungen und Klärungen. Ausbildungsupervision ist ein Zwitter: In ihr reflektieren Ausbildungskandidaten ihre individuellen Praxissituationen und die Zusammenarbeit in der Ausbildungsgruppe.

Gliedert man Supervision am Kriterium Supervisor, unterscheidet man die Supervision von der Intervision. Diese stellte eine Art Gruppensupervision ohne Supervisor dar, das heißt: Die Supervisanden supervidieren einander gegenseitig. Die Teilnahme an Intervisionsgruppen ist zum Beispiel eine Qualitätssicherungs-Maßnahme, die von den meisten Supervisions-Berufsverbänden vorgeschrieben wird.

Häufig ist auch die Gliederung der Supervision am Kriterium Inhalt. Dann werden etwa Lehrsupervision, Praxisberatung, Coaching, Organisationsentwicklung, Mediation voneinander unterschieden. Manche Autoren sehen all diese Disziplinen als Teilgebiete der Supervision, andere wollen sie scharf davon getrennt wissen. Selbst die Berufsverbände in den verschiedenen Ländern haben in der Frage unterschiedliche Vorlieben.

Zur Geschichte

Supervision als Praxisanleitung in der sozialen Arbeit

In der ältesten Tradition - besonders in den USA - war Supervision Praxisanleitung durch einen Vorgesetzten. Dabei handelte es sich zunächst um freiwillige SozialhelferInnen, die von professionellen SozialarbeiterInnen supervidiert wurden. Supervison diente hier dem Vorgesetzten dazu, professionelle HandlungsvolIzüge in seinem Sinne mit dem ausführenden Mitarbeiter durchzusprechen und zu bestimmten Handlungsvollzügen anzuleiten. Dieser Supervisor konnte dann in der Tat auch der Vorgesetzte sein. Das heutige Mentoring, manchmal in diesem Sinne auch Coaching hat diesen Ansatz übernommen.

Supervision wird heute in der Regel von externen Supervisoren geleistet und etliche Berufsverbände schliessen eine hierarchische Supervision aus.

Balintgruppen und Psychoanalyse

Michael Balint, ein ungarischer Psychoanalytiker, entwickelte in den 50er Jahren eine „Reflexions-Gruppe” für Ärzte, bei dem der Supervisor in Gruppen die Beziehung der Ärzte zu ihren Patienten thematisierte und Spiegelungsphänomene in der Gruppe ansprach. Balintgruppen werden auch in anderen Berufsgruppen, wie zum Beispiel bei Seelsorgern genutzt.

Organisationssoziologie und -psychologie

Im letzten Jahrzehnt ist die Supervision um die Tradition der Organisationssoziologie und -psychologie bereichert worden: Arbeit wird nicht von einem „Individuum" im luftleeren Raum vollzogen, sondern geschieht immer in einer Rolle (das Gesamt der Erwartungen an den eingenommenen „Status”), die eingebunden ist in einen organisationalen Kontext. Sowohl strukturelle Hierarchien als auch individuelle ArbeitsvolIzüge prägen das Rollenverhalten und damit auch das innere Erleben des Betreffenden. Nur wenn diese Schnittstelle von inneren Bedürfnissen und äußeren Anforderungen von den Menschen bewältigt wird, äußert sich dies z.B. in Form von „Zufriedenheit am Arbeitsplatz”.

Situationsdynamik als Basiskonzept der Supervision

Ausgehend vom Postulat der Praxisrelevanz (im Unterschied zur Forschungs- oder Experimental-Relevanz), des Beratungs-Prozesses (im Unterschied zur rein ergebnisorientierten Beratung) und der Resonanzbeziehung zwischen Beratung (Supervision) einerseits und Praxis (Alltag,Fall) andererseits bietet sich die Situationsdynamik als Beratungskonzept an, weil hier die Strukturanalogie zwischen der Situation der Beratung und der Lage des Falles deutlich herausgearbeitet ist: die Strukturen und Prozesse der Beratungssituation sind denen der Lage im Fall analog und können so assoziativ präsent gemacht werden. Das Beratungs- oder Supervisionsgeschehen ist ein Parallelprozess zu dem Geschehen in der Lage des Falles.

Literatur

  • Eck, Claus D. (1990), Rollencoaching als Supervision - Arbeit an und mit Rollen in Organisationen; in: Gerhard Fatzer & Claus D. Eck (Hrsg.), Supervision und Beratung. Ein Handbuch (S. 209-248), Köln: Edition Humanistische Psychologie
  • Euschen, Herbert (1983) "Was ist und wozu dient Situationsdynamik ?" Ludwigshafen DGSD-Publikation (Eupublik)
  • Fatzer, Gerhard (Hrsg.), (1993). Supervision und Beratung, (3. Aufl.). Köln: Ed. Humanist. Psychologie.
  • Astrid Schreyögg (2004), Supervision. Ein Integratives Modell. Lehrbuch zu Theorie und Praxis., 4. überarbeitete Auflage, VS Verlag für Sozialwissenschaften, ISBN 3-873-87048-7

Weblinks