PsychosomatikUnter Psychosomatik - abgeleitet vom griechischen psyche (Atem, Hauch, Seele; Schmetterling) und soma (Körper, Leib) - versteht man die Lehre von den Zusammenhängen und der gegenseitigen Beeinflussung von Seele und Körper des Menschen. Die Psychosomatik wurde in ihren Grundzügen von Melitta Mitscherlich etabliert. Als Wegbereiter der Psychosomatik gilt Georg Groddeck. Psychosomatische MedizinDer Begriff "psychosomatische Medizin" unterscheidet im wesentlichen zwei Bedeutungen:
Klinische BeispieleZum klinischen Bereich der psychosomatischen Medizin zählen:
Sonderform: Somatoforme und funktionelle StörungenAls Sonderform psychosomatischen Geschehens beschäftigt sich die psychosomatische Medizin mit Störungen, bei denen kein organischer Befund nachweisbar ist und psychische Faktoren bei der Entstehen und Aufrechterhaltung der Symptome eine bedeutsame Rolle spielen. Häufig vorkommende Beschwerden, die dieser Gruppe zuzuordnen sind, sind u.a. funktionelle Beschwerden des Herz-Kreislauf Systems, Magen-Darm-Bereiches und des Skelett- und Muskelsystems. Ein Beispiel für einen physiologischen Zusammenhang mit Angst beispielsweise führt dazu, dass im Körper Adrenalin ausgestoßen wird, was u.a. die Magen-Darm-Peristaltik hemmt und bei längerem Bestehen zu Verdauungsstörungen führen kann. In vielen Redewendungen des Alltags ist dieser Zusammenhang impliziert: Etwas liegt einem "schwer im Magen", eine Sache geht einem "an die Nieren", der Schreck "fährt einem in die Glieder", jemandem ist eine "Laus über die Leber gelaufen" u.s.w. Zudem leitet sich das Wort Hypochonder von der beidseits der Magengrube gelegenen Bauchregion unterhalb der Rippenbögen ab. StellenwertDer psychosomatische Ansatz trifft heute auf ein medizinisches System, das in vielen Bereichen noch dem Kausalitätsprinzips des kartesianischen Weltbilds folgt und einer Krankheit jeweils eine bestimmte Ursache zuzuordnen trachtet. Entsprechend wird der Begriff "psychosomatisch" sowohl von Laien als auch von Vertretern der Medizin häufig nicht in seiner ursprünglichen Bedeutung verstanden, sondern mit "psychogen" gleichgesetzt. PatientInnen, die an körperlichen Symptomen leiden, fühlen sich dann missverstanden und oft als "eingebildet" oder simuliert stigmatisiert.Oft dauert es sehr lange, bis psychosomatische Krankheiten als solche erkannt werden. Studien zeigten, dass manche Patienten über 100 ärztliche Kontakte hinter sich hatten, ehe sie erstmals an einen Psychotherapeuten überwiesen wurden. Dies liegt unter anderem daran, dass die Patienten selbst die psychische Komponente ihrer Beschwerden nicht akzeptieren wollen und können; auch deswegen, weil die Art und Weise ihrer Beschwerden mitunter allein auf körperliche "Fehlfunktionen" hinzuweisen scheinen. Vielen Ärzten fehlt allerdings auch die entsprechende Ausbildung oder Erfahrung, richtungsweisende Signale des Patienten richtig einzuordnen. Ein dritter Grund ist natürlich in der Tatsache zu sehen, dass im Zweifelsfalle immer eine körperliche Abklärung der Beschwerden zu erfolgen hat. Darüber, dass die meisten Krankheiten multikausal bedingt sind, herrscht heute weitgehend Konsens. Über die Gewichtung psychischer und körperlicher Faktoren bei unterschiedlichen Krankheitsbildern gibt es jedoch immer wieder unterschiedliche Positionen zwischen somatisch orientierten Medizinern und Vertretern der klinischen Psychosomatik. Neue Forschungsergebnisse führen zu Verschiebungen der Gewichtung. Ein Beispiel ist das Magen- und Zwölffingerdarmgeschwür, das früher zu den "holy seven" der psychosomatischen Krankheiten zählte. Seit der Entdeckung des Erregers Helicobacter pylori in der erkrankten Magenschleimhaut haben körperliche Faktoren ein hohes Gewicht in der Beurteilung dieser Krankheit gefunden. Weiterhin werden heute viele Angsterkrankungen und Panikstörungen als unmittelbare Folge von sporadisch auftretenden Herzrhythmusstörungen angesehen. Unbestritten sollte allerdings sein, dass bei vielen Erkrankungen wie Adipositas (Übergewicht), Bluthochdruckerkrankungen, Diabetes mellitus und Rückenschmerzen wie überhaupt den meisten chronischen Erkrankungen psychische Faktoren in Form der Krankheitsverarbeitung eine bedeutsame Rolle spielen, bzw. zur Aufrechterhaltung der Symptomatik beitragen. Auch innerhalb der Psychosomatik bestehen weltanschauliche Differenzen zwischen eher schulmedizinisch orientierten Vertretern oder Esoterikern wie Thorwald Dethlefsen und Rüdiger Dahlke. Bedeutende Experten sind etwa Medard Boss und Gion Condrau. Dem Psychoanalytiker Michael Balint gelang es in seinen Publikationen - u.a. mit Der Arzt, sein Patient und die Krankheit - den Blick der praktisch tätigen Mediziner für den Leidensdruck der PatientInnen zu schärfen. Einen kritischen Blick auf psychosomatische Theoriebildung und Vorstellungen, auch unter der Perspektive von Definitionsmacht, wirft Detlev Kranz in dem Artikel 'Schwarze Psychosomatik'. LiteraturThure von Uexküll: Psychosomatische Medizin. Modelle ärztlichen Denkens und Handlens. Herausgegeben von R.H. Adler, J.M. Herrmann, K. Köhle, W. Langewitz, O.W. Schonecke, Th. von Uexküll, W. Wesiack, Urban&Fischer 2003Siehe auch
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